Berlin und Rom: Mehr Zusammenarbeit bei Migration, Klima und Corona Von Jörg Blank und Johannes Neudecker, dpa

Die deutsch-italienischen Beziehungen waren in den vergangenen Jahren
nicht immer einfach. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock
bemüht sich bei ihrem Antrittsbesuch um mehr Partnerschaft. Das Thema
Migration könnte eine Nagelprobe werden.

Rom (dpa) - Deutschland und Italien wollen bei den drängenden
europäischen Fragen wie Pandemiebekämpfung, Migration und Klimaschutz
enger als bisher zusammenarbeiten. Corona habe gezeigt, welchen Wert
partnerschaftliche Zusammenarbeit habe, sagte Außenministerin
Annalena Baerbock am Montag nach Beratungen mit ihrem italienischen
Amtskollegen Luigi Di Maio in Rom angesichts gegenseitiger Hilfe
während der Pandemie. Neben der Klima- und Energiepolitik sollen nach
ihren Worten auch die Themen Flucht und Migration im geplanten
deutsch-italienischen Aktionsplan eine zentrale Rolle spielen.

Deutschland und Italien stünden «bei Fragen von Flucht und Migration
auf derselben Seite, nämlich im Verständnis, dass es Humanität und
geordnete Strukturen an den Außengrenzen braucht», sagte Baerbock. An
Di Maio gewandt ergänzte sie: «Wir sind beide nicht bereit, uns mit
dem Sterben auf dem Mittelmeer abzufinden.» Man wolle sich intensiver
als bisher gemeinsam für humane und faire Regeln an den
EU-Außengrenzen einsetzen und an einer europäischen Asylpolitik
arbeiten, «bei der alle ihre Verantwortung übernehmen».

Baerbock: Humanität und geordnete Strukturen an EU-Außengrenzen

Aus der Vergangenheit wisse man, dass dafür einige Staaten vorangehen
müssten - jene, die ein gemeinsames Verständnis von Humanität und
geordneten Strukturen hätten, sagte Baerbock. Man wisse, «dass es ein
dickes Brett ist. Aber der Status quo ist nicht weiter tragbar».
Italien hatte sich in der Vergangenheit häufig beklagt, es werde von
anderen EU-Staaten beim Umgang mit Migranten allein gelassen, die an
seinen Grenzen ankommen. Di Maio forderte ein stärkeres Engagement
der internationalen Gemeinschaft bei dem Thema.

Italiens Innenministerium verzeichnete 2021 einen deutlichen Anstieg
bei den Migranten, die in Booten das Mittelmeerland erreichen. Der
Statistik zufolge waren es im gesamten Jahr 2021 Stand 31. Dezember
etwas mehr als 67 000 Bootsmigranten. Im selben Vorjahreszeitraum
registrierten die Behörden rund 34 150 Migranten.

Di Maio: Deutsch-italienischer Aktionsplan bis Mitte des Jahres

Di Maio kündigte an, Deutschland und Italien wollten ihren
gemeinsamen Aktionsplan bei einem bilateralen Gipfel Mitte des Jahres
unterzeichnen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich beim
Antrittsbesuch in Rom gemeinsam mit Italiens Regierungschef Mario
Draghi erstmals zu dem Plan geäußert. Damit wollen die beiden Länder

bei bestimmten Themen wie Klima und Migration aber auch Wirtschaft
enger zusammenarbeiten.

Baerbock lobt italienisches Engagement gegen Corona - Für Impfpflicht

Im Anschluss an das Treffen mit Di Maio besuchte Baerbock ein
Impfzentrum, in dem ein Team aus einem halben Dutzend Ärzten und
Pflegern seit Januar 2021 sieben Tage in der Woche im Schnitt rund
250 Patienten am Tag versorgt.

Baerbock sagte, die Einrichtung mache deutlich, wie wichtig es sei,
auch vor Ort in die Quartiere zu gehen und niedrigschwellige
Anlaufstellen zu haben. Ihr sei es wichtig gewesen, «hierher zu
kommen, um zu lernen, wie Italien eine so hohe Impfquote geschafft
hat», sagte Baerbock. In Italien waren Stand Montagmorgen nach
Angaben des Gesundheitsministeriums rund 89,4 Prozent der Menschen
über zwölf Jahren mindestens einmal gegen Covid-19 immunisiert.

In Italien gilt seit dem 8. Januar eine Impfpflicht für Menschen
älter als 50 Jahre. Die Regierung will damit den Druck von den
Kliniken nehmen. Menschen über 50 Jahre haben noch bis Anfang Februar
Zeit, sich erstmalig impfen zu lassen oder ihre jeweiligen
Folgeimpfungen zu machen. Ab dann droht ansonsten eine Geldstrafe.

Beim gemeinsamen Auftritt mit Di Maio hatte sich Baerbock hinter die
Einführung einer Impfpflicht auch in Deutschland gestellt. «Ich
glaube, dass eine Impfpflicht sinnvoll ist», sagte sie. Es gehe
darum, das Leben wieder so zu leben, wie es die Menschen gewohnt
waren und darum Menschen zu schützen.