Lange Wartezeit in Kinder- und Jugendpsychiatrie

Dresden (dpa/sn) - Sachsens Sozialministerin hat lange Wartezeiten in
der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingeräumt. Im stationären Bereich
lägen sie derzeit im Mittel bei sechs bis neun Monaten, antwortete
das Ministerium auf eine Kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten André
Wendt. Akuteinweisungen würden aber immer möglich gemacht.

In der Regel werde die Wartezeit über die Psychiatrischen
Institutsambulanzen überbrückt. Hier betrage die Wartezeit zwischen
zwei bis vier Wochen. «Wenn Wartezeiten auftreten, werden diese am
Bedarf des einzelnen Kindes oder Jugendlichen bemessen, das heißt, je
dringlicher eine stationäre Aufnahme ist, desto rascher erfolgt sie.»

Nach Angaben des Ministeriums hat sich beispielsweise die Wartezeit
für einen ambulanten Termin in der kinder- und jugendpsychiatrischen
Klinik des Dresdner Universitätsklinikums Dresden von
durchschnittlich fünf Wochen Anfang 2021 auf 16 Wochen zum Jahresende
erhöht. Wartezeiten für spezialisierte Ambulanzen lägen aktuell bei
durchschnittlich sieben bis acht Monaten.

Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen könne man nicht
monatelang mit ihren seelischen Konflikten allein lassen, bemerkte
dazu Wendt. Die Gefahr einer Selbstschädigung sei viel zu groß. «Hier

muss die Staatsregierung sofort eingreifen und mehr Behandlungen
ermöglichen.» Kinder und Jugendliche seien durch Lockdowns und
Schulschließungen besonders stark gefährdet. Deshalb dürften Schulen

in der Pandemie nie wieder geschlossen werden.

Auf das Problem hatte unlängst schon Veit Rößner, Direktor der Klinik

und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
am Universitätsklinikum Dresden aufmerksam gemacht. «Bei
Essstörungen, Zwangsstörungen, Autismus haben sie Wartezeiten von bin
zu einem Jahr oder sogar Aufnahmestopp», sagte er im Interview der
«Dresdner Neuesten Nachrichten». Und auch bei Schulproblemen,
Beziehungsproblemen in den Familien oder psychosomatischen Störungen
dauere es bis zu einem Ersttermin drei, vier Monate oder mehr.

«Je länger auf eine Abklärung und Behandlung gewartet wird, umso mehr

verfestigen sich die Probleme, wird eine Genesung langwieriger und
die Gefahr der Chronifizierung steigt», erklärte der Professor. Es
gebe genügend Studien, die zeigten, dass mit jedem Tag der
Nichtbehandlung die Prognose schlechter werde. «Da ist es schon
traurig zu sehen, dass zwar die Probleme viel früher von den Familien
erkannt werden, aber Hilfe doch noch viel zu spät einsetzt.»