Fußball-Stars unter Corona-Brennglas - Liga-Blase «keine Alternative» Von Jens Marx, Claas Hennig und Thomas Esser, dpa

Die Fußball-Bundesliga hat bereits reichlich Personalprobleme. Gründe
gibt es, Vorwürfe vonseiten der Clubs nicht. Ein Experte prophezeit:
«Die Infektion wird an keinem vorbeigehen.» Die dynamische
Corona-Lage macht Planungen schwer. Was passiert noch?

Berlin (dpa) - Der Profi-Fußball und seine Stars bleiben in der
Corona-Pandemie auch vor dem Rückrundenstart unterm Brennglas - erst
recht nach Feiertags-Kurzurlauben von Profis an sonnigen Stränden,
inklusive Quarantäne-Verlängerung. Dabei wartet im kalten Deutschland
längst schon die nächste heikle Phase auf alle in der Bundesliga.

Die Omikron-Welle rollt. Cirka 50 Bundesliga-Spieler wurden über die
Feiertage positiv getestet. Selbst die Frage nach einer erneuten
Blase, um den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können, stellt sich.
«Für mich wäre es keine Alternative», sagte Borussia Dortmunds
Trainer Marco Rose. «Es würde mir im Herzen wehtun, wenn wir wieder
zurück müssten in Zeiten des Lockdowns - wieder Dinge zumachen und
wir komplett abgeschottet von allem wären.»

Danach sieht es vorerst nicht aus, auch wenn die meisten Spiele an
diesem und an den kommenden Wochenenden vor gar keinen oder nur
wenigen Zuschauern stattfinden dürfen. Die Frage ist aber: Was kommt
noch auf Fußball-Deutschland zu, gerade auch wenn man in andere
europäische Topligen wie der Premier League schaut?

Die vielen Corona-Fälle beim FC Bayern, die sogar das
Rückrundenauftaktspiel an diesem Freitag infrage gestellt hatte, und
bei anderen Teams könnten nur das Vorspiel sein. «Speziell die
Bundesliga ist nur ein Spiegel dessen, was in der Gesellschaft
passiert. Das Virus reitet jetzt im Galopp durch die Population»,
sagte Virologe Klaus Stöhr dem Sender Sky Sport.

«Natürlich sind in der Bundesliga junge, sportliche, hoch immune
Personen. Und dann wird die Erkrankung auch weniger stark ausfallen.
Aber man sollte sich hier gar keine Illusionen machen. Die Infektion
wird an keinem vorbeigehen», sagte Stöhr.

Dass am Freitag Nadiem Amiri von Bayer 04 Leverkusen positiv auf
Corona getestet wurde, belegte auch für dessen Trainer Gerardo Seoane
«was für eine enorme Herausforderung die Situation für uns und die
Gesellschaft ist». Laut Seoane ist Amiri genesen, zweimal geimpft und
geboostert.

Deshalb bereiten sich alle mit Hochdruck auf die weiteren
Eventualitäten in der seit nun rund zwei Jahren anhaltenden Pandemie
vor - soweit das überhaupt möglich ist. Gesundheitsökonom Florian
Kainzinger, der unter anderem die Profiligen im Fußball, Basketball
und Eishockey bei der Entwicklung ihrer Hygienekonzepte berät, wollte
sich auf dpa-Anfrage nicht äußern. Zu dynamisch sei die Lage.

Ein Problem ist vor allem die Quarantäne für Kontaktpersonen.
Immerhin blieben Mannschaftsisolationen in der Fußball-Bundesliga im
Vergleich zu Topligen anderer Ballsportarten eher eine Ausnahme.
Letztlich entscheiden darüber die zuständigen Gesundheitsämter.

«Man hört es immer wieder, mal explodieren die Zahlen und dann auch
innerhalb eines Clubs, auf einmal zwölf neue Infektionen, dann ist es
schwierig, eine Mannschaft hinzubekommen», betont Trainer Urs Fischer
vom 1. FC Union Berlin.

So wie es sogar bei den Bayern der Fall war. Als Treiber erwiesen
sich die Ferienreisen der Spieler, die sich ansonsten in München aus
Hygienegründen sogar in mehreren Kabinen umziehen und ihr Essen nur
«to go» bekommen. «Es gibt nicht die Option, dass man nicht in Urlaub

fahren darf», betonte Trainer Julian Nagelsmann und erinnerte auch an
seine Corona-Infektion: «Ich war auch nur essen und habe mich
infiziert. Das passiert.»

Heimurlauber Thomas Müller betonte im «Spieltagssiegerbesieger - Der
Kickbase Podcast»: «Ich bin jetzt nicht zu Hause geblieben, weil ich

irgendwas viel, viel besser machen wollte als meine Kollegen, sondern
es ging darum, dass es mir zu anstrengend war.»

Vorwürfe an der Reisetätigkeit der hochbezahlten Profis wollten auch
Verantwortliche anderer Vereine nicht erheben, im Gegenteil. «Es ist
nicht so, dass man sich in Deutschland nicht infiziert», sagte
Domenico Tedesco. Der neue Coach von Vizemeister RB Leipzig ergänzte:
«Wir haben Spieler, deren Familien im Ausland sind. Da ist es
menschlich, den Jungs das zu ermöglichen.»

Die Spieler seien auch Menschen, die ihren Freiraum haben müssten und
dürften, erklärte Gladbachs Manager Max Eberl und konterte: «Ich
möchte nicht wissen, wie viele Menschen über Weihnachten gereist
sind.» Kritik am Reiseverhalten der Spieler findet er «an einem
gewissen Punkt auch nicht mehr zu ertragen».

Nicht nur Eberl sieht den Profi-Fußball derzeit von politischer Seite
aus am Corona-Pranger gestellt. «Viele Politiker haben den Fußball
als Sündenbock genommen und darauf eingedroschen, dass Fußballspiele
vor Zuschauern stattfinden und gesagt, dass das die große Sache sei,
die die Pandemie befördert habe», sagte Sig Zelt, Sprecher der
Fanvereinigung von ProFans. «Das halten wir schon für populistisch.»