Strengere Corona-Auflagen für Gastronomie-Besuche in Sicht

Rund zwei Wochen sind vergangen seit dem vorigen Corona-Gipfel. Zum
Start ins neue Jahr wollen Kanzler und Ministerpräsidenten jetzt
nachsteuern - erste zusätzliche Alltagsregelungen zeichnen sich ab.

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen die anschwellende nächste Corona-Welle
kommen einheitliche strengere Auflagen für Besuche in Restaurants und
Cafés in Sicht. Vor Beratungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den
Ministerpräsidenten am Freitag sprachen sich mehrere Politiker von
Bund und Ländern dafür aus, dass Geimpfte und Genesene (2G) künftig
zusätzlich einen negativen Test oder eine Auffrischungsimpfung
nachweisen sollten. Es werde eine gemeinsame Regelung zu 2G plus im
Kernbereich der Gastronomie geben, sagte Bremens Regierungschef
Andreas Bovenschulte (SPD) in der ARD. Er verwies außerdem auf eine
dringende Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen
Personennahverkehr und im Einzelhandel.

Der Bundeskanzler und die Länderregierungschefs schalteten sich am
Freitagnachmittag zu einer Konferenz zusammen - zum ersten Mal in
diesem Jahr. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz,
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), erwartet
bundesweit einheitliche Regelungen gegen die Omikron-Welle. Er dringt
zudem auf eine rasche Umsetzung der geplanten Corona-Impfpflicht.

Wüst sagte im Fernsehsender Welt: «In Innenräumen, wo man keine Maske

trägt, muss man getestet sein oder geboostert. Das wird jetzt überall
gleichgestellt werden.» In Restaurants sei man gemütlich. «Da wird
gegessen, getrunken, die Maske ist ab. Also muss man den maximal
verfügbaren Schutz anderer Art eben haben. Und das heißt geboostert
zu sein. Und das, finde ich, ist schon zumutbar. Wir bieten es ja
jedem an», betonte Wüst.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Donnerstagabend
bei RTL gesagt, für Innenräume der Gastronomie sei angedacht, dass
man dort nur eintreten könne, wenn man zweimal geimpft und getestet
oder aber geboostert sei. Konkret sollen laut einer Vorlage für die
Bund-Länder-Beratungen mit Stand von Donnerstagnachmittag Geimpfte
und Genesene einen tagesaktuellen Test vorzeigen müssen - oder den
Nachweis einer Auffrischimpfung, und zwar schon ab dem Tag der
Booster-Impfung. Die dafür meist nötige dritte Spritze haben
inzwischen mindestens 34,6 Millionen Menschen - den für 2G nötigen
vollen Grundschutz mit zwei Spritzen mindestens 59,6 Millionen.

Greifen könnte die Neuregelung laut Vorlage spätestens ab 15. Januar,
es gab dazu aber noch keine Verständigung. Lauterbach sagte: «Die
Gastronomie ist ein Problembereich. Da sitzt man ohne Maske oft für
Stunden. Und wenn sich die Menschen dort dann gegenseitig infizieren,
wie wir es bei Omikron sehr viel sehen, dann brauchen wir einen
besseren Schutz, daher 2G plus, also geimpft und zusätzlich eben
getestet.» Mancherorts gilt eine solche Regelung schon. Bundesweit
seit längerem vereinbart sind bereits 2G-Zugangsregeln ohne Test für
Gaststätten, Kinos, Theater und viele Geschäfte.

Vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kam scharfe
Kritik. «Flächendeckend 2G plus wäre eine Katastrophe für Kneipen u
nd
Restaurants», sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der
«Bild»-Zeitung (Freitag). Wirte dürften nicht die Leidtragenden sein,

wenn die Regierung «offenbar Anreize für die dritte Impfung» schaffen

wolle. Stattdessen gelte es, Impf- und Testkapazitäten ausbauen,
damit diese «zermürbende Situation» schnellstmöglich beendet werde.


Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erläuterte,
2G plus sei eigentlich eine Verbesserung. In der Hauptstadt werde
bald die Hälfte der Bevölkerung geboostert sein und könne dann ohne
Test in Gaststätten gehen, sagte sie im rbb-Inforadio. «Man muss
immer sehen: Die Alternative ist die komplette Schließung. Und das
will der Gaststättenverband definitiv auch nicht.»

Erstmals seit gut zweieinhalb Wochen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz
wieder über die Marke von 300. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die
Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben
Tagen am Freitag mit 303,4 an. Er war zuletzt stetig gestiegen, wobei
das RKI von einer Untererfassung der Neuinfektionen wegen weniger
Tests und Meldungen im Zuge der Feiertage und der Ferien ausging. Der
Anteil der ansteckenderen Virusvariante Omikron nimmt schnell zu.

Quarantäneregeln

Über Änderungen bei Quarantäneregeln wird diskutiert, um massenhafte

Personalausfälle insbesondere in wichtigen Versorgungsbereichen zu
vermeiden. Bund und Länder haben Vorschläge vorgelegt. Gemeinsamkeit:
Die Quarantäne für Kontaktpersonen und die Isolierung Infizierter
sollen verkürzt und vereinfacht werden. Bisher kann Quarantäne und
Isolierung je nach Virusvariante, Impf- und Genesenenstatus für bis
zu 14 Tage gelten. Wenn es sich etwa um Omikron handelt, gibt es auch
für Geimpfte keine Ausnahmen. Nun könnten die Fristen je nach
Vorschlag auf fünf bis sieben Tage mit Freitestung und zehn Tage ohne
Test verkürzt werden. Für «Geboosterte» könnte Quarantäne wegfa
llen.

Das Expertenvotum

Der Expertenrat der Bundesregierung hatte eine neue Stellungnahme
vorgelegt, die bei den Beratungen eine wichtige Rolle spielen dürfte:
Trotz abklingender Delta-Welle und gesunkener Patientenzahlen in
Kliniken sei die Belegung der Intensivstationen weiter auf hohem
Niveau, teils seien Kapazitäten auch «dauerhaft ausgelastet». Die
Omikron-Variante werde «zeitnah» dominant sein. Es sollten umgehend
Stufenkonzepte zur Aktivierung zusätzlicher Versorgungsbereiche für
infektiöse Patienten erarbeitet werden. Zudem sollten in allen
Ländern Vorbereitungen zur Reduktion planbarer Eingriffe getroffen
werden, die bei starker Belastung ad hoc aktiviert werden könnten.

Kontaktbeschränkungen

Lockerungen der kurz vor Weihnachten verschärften Beschränkungen
wurden nicht erwartet. Seitdem dürfen sich auch Geimpfte und Genesene
nicht mehr unbegrenzt treffen, sondern maximal zu zehnt, Kinder nicht
mitgezählt. Für Treffen, an denen auch nur ein Ungeimpfter oder nicht
Genesener beteiligt ist, gilt schon länger: Es dürfen nur Leute des
eigenen und maximal zwei Personen eines anderen Haushalts dabei sein,
Kinder nicht mitgezählt. Mögliche zusätzliche Verschärfungen von
Kotaktbeschränkungen empfahl der Expertenrat vorerst nicht.

Impfpflicht

Kanzler Scholz befürwortet weiter die Einführung einer allgemeinen
Corona-Impfpflicht. «Er hat sich ja dafür ausgesprochen und hat auch
gesagt, dass er im Falle einer Abstimmung im Bundestag dafür stimmen
würde, und daran hat sich auch nichts geändert», sagte eine
Regierungssprecherin in Berlin. Wüst forderte Scholz auf, sich diesem
Thema dann auch zu stellen. «Ich glaube, das muss vorbereitet werden.
Wenn man's am Ende nicht braucht, sei es drum. Aber wenn man's
braucht und man hat's nicht vorbereitet, stehen wir wieder dumm in
der Gegend rum», sagte der NRW-Ministerpräsident dem Sender Welt.