Kipping: «Aufsuchende» Impfangebote für Wohnungslose wichtig

In Berlin kommt die Impfkampagne gegen Corona bei vielen Menschen
nicht an. Die neue Sozialsenatorin Kipping lenkt den Fokus auf eine
besonders gefährdete Gruppe.

Berlin (dpa/bb) - Berlins neue Sozialsenatorin Katja Kipping hält
eine Ausweitung der Corona-Impfangebote für wohnungslose Menschen für
immens wichtig. «Auch unter Wohnungslosen gibt es beim Thema Impfen
eine gewisse Skepsis», sagte die Linken-Politikerin der Deutschen
Presse-Agentur. Schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit hätten zu
Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen geführt.

«Deshalb ist der Ansatz des Aufsuchens so wichtig», erläuterte
Kipping. «Denn ich glaube, wenn es Angebote dort gibt, wo man sich
ohnehin aufhält, wo es ein Gefühl von Wärme gibt, wo man vielleicht
schon mal das eine oder andere Beratungsgespräch hatte, ist das
leichter.» Dann sei die Schwelle niedriger, sich eine Impfung geben
zu lassen.

Kipping verwies darauf, dass ab Freitag im wiedereröffneten
Tagestreff für obdachlose Menschen im Hofbräuhaus in Mitte Impfungen
angeboten werden. «Ich bin sehr froh, dass es das mit der Wärmestube
im Hofbräuhaus verbundene Angebot für Impfungen und für zertifizierte

Tests gibt, denn dort kommen sehr viele Menschen vorbei.» Das Projekt
wird maßgeblich vom Senat finanziert.

Kipping dankte auch anderen Trägern von Einrichtungen der
Wohnungslosenhilfe, die an verschiedenen Stellen in der Stadt und zum
Teil bei mobilen Aktionen Impfungen sowie Beratung dazu anbieten. Es
gibt entsprechende Projekte etwa der Kältehilfe, in Sozialambulanzen
und von Bezirken.

Eine Statistik zur Impfquote unter Menschen ohne Obdach oder eigene
Wohnung wird in Berlin nicht geführt. Sie können auch in Impfzentren
gehen, wie Kipping sagte. Dort sowie bei den «aufsuchenden» und
anderen niedrigschwelligen Impfangeboten für Wohnungslose benötigten
Betroffene keinen Ausweis, ergänzte sie. Sie könnten sich im
Anschluss die entsprechenden Zertifikate auf ihre Handys
herunterladen.

«Jedoch scheitert der Zugang zu normalen Bürgertests an den
zahlreichen Teststellen oft an der Ausweispflicht», fügte Kipping
hinzu. Da es sich um eine deutschlandweite Regelung handele, wolle
sie auf Bundesebene hier «nachhaken» und für eine Änderung werben.


Neben wohnungslosen Menschen sind nach Einschätzung Kippings auch
andere gesellschaftliche Gruppen in der Corona-Pandemie «aufgrund
ihrer Wohn- oder Lebenssituation besonders verletzbar oder besonders
gefährdet». Das betreffe etwa Menschen mit Behinderungen oder
Menschen in Flüchtlingsunterkünften. «Für all diese Menschen ist es

unglaublich wichtig, dass sie Zugang zu Tests oder zu Impfungen
haben.»

Zum einen gehe es um den Gesundheitsschutz. «Aber es geht auch um
gesellschaftliche Teilhabe. Aus gutem Grund gibt es Orte, wo 3G oder
2G herrscht», so Kipping. Diese Zutrittsregeln für Geimpfte und
Genesene (2G) oder zusätzlich für Getestete (3G) dürften für die
genannten Gruppen «kein weiteres Ausschlusskriterium» sein.

In Berlin leben nach einer ersten Zählung im Januar 2020 rund 2000
Obdachlose auf der Straße - wobei sich seinerzeit nicht alle zählen
ließen. Hinzu kommen Zehntausende Menschen ohne feste eigene Wohnung,
die mal hier und mal da übernachten.