Kultusminister: Schulen sollen offen bleiben

Flächendeckende Schulschließungen sind nach derzeitiger Rechtslage
nicht mehr möglich. Dazu kommt nun ein erneutes Bekenntnis der
Politik: Schulen sollen nicht schließen, auch nicht in der sich
aufbauenden Omikron-Welle. Wie lange hält die Zusage?

Berlin (dpa) - Die für Bildung zuständigen Kultusministerinnen und
-minister der Länder bleiben bei ihrer Linie, dass Schulen in der
aktuellen Corona-Lage offen gehalten werden sollen. «Auch wenn sich
die Pandemie durch eine neue Virusvariante verändert, müssen wir die
Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen noch stärker in den Blick
nehmen. Das bedeutet, dass wir die Schulen erst dann schließen, wenn
alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind», sagte die Präsidenti
n
der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien (CDU), am Mittwoch
nach einer Sonderschalte der Minister.

Die KMK hatte die außerplanmäßige Beratung wegen des drohenden
massiven Anstiegs der Ansteckungszahlen durch die Omikron-Variante
anberaumt. Zuletzt war vor diesem Hintergrund die Frage aufgekommen,
ob durchgehender Unterricht in den Schulen weiterhin möglich bleiben
wird. Das Präsenzlernen habe höchste Priorität, sagte Prien, die
Bildungsministerin von Schleswig-Holstein. Sie verwies auch auf die
geltende Rechtslage, wonach flächendeckende Schulschließungen
momentan gar nicht mehr möglich sind.

Die Ampel-Parteien hatten durch Änderungen am Infektionsschutzgesetz
ausgeschlossen, dass es erneut zu einem großen Schullockdown wie vor
einem Jahr kommt. Möglich wäre eine solche Maßnahme erst wieder, wenn

das Infektionsschutzgesetz erneut geändert würde, wofür es zumindest

momentan keine Pläne gibt, oder wenn der Bundestag die sogenannte
epidemische Lage von nationaler Tragweite wieder feststellen würde,
was sich bisher auch nicht abzeichnet - aber je nach Entwicklung auch
nicht ausgeschlossen ist.

In ihrem Beschluss vom Mittwoch schreiben die Kultusminister, dass in
den kommenden Wochen wegen Omikron «unter Umständen ein sehr
dynamisches Infektionsgeschehen eintreten» könnte. «Allerdings gibt
es deutliche Hinweise, dass eine mögliche Erkrankung milder
verläuft», heißt es weiter. Der Maßstab des Handelns seien deshalb

nicht allein die Infektionszahlen, sagte Hamburgs Schulsenator Ties
Rabe (SPD) nach den Beratungen.

Die KMK spricht sich vor diesem Hintergrund für überarbeitete
Quarantäneregeln auch an den Schulen aus. «Die Aufrechterhaltung des
Schulbetriebs ist für Kinder und Jugendliche systemrelevant und
darüber hinaus eine Grundlage für die Sicherstellung der
Arbeitsfähigkeit anderer Kritischer Infrastrukturen», heißt es im
Beschluss. Über das Quarantäne-Thema stimmen sich Bund und Länder
momentan noch ab. Am Freitag werden Entscheidungen dazu erwartet.

Auch wenn flächendeckende Schulschließungen auf Landesebene momentan
nicht mehr verfügt werden können, kann es örtlich an Schulen zu
Einschränkungen kommen, etwa wenn Gesundheitsämter das anordnen, wie
Prien erläuterte. Bundesländer wie Thüringen und
Mecklenburg-Vorpommern überlassen es den Schulen inzwischen selbst,
wie sie vorgehen. Auch so kann es vereinzelt zu Wechsel- oder auch
wieder Distanzunterricht kommen.

Vom Deutschen Lehrerverband wird dieses Modell begrüßt. Die
Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike
Finnern, sagte am Mittwoch im Sender n-tv: «Ganz ehrlich, es werden
nicht alle Schulen aufbleiben können. Das muss man deutlich so
sagen.» Unterricht in Präsenz sei erste Wahl, «aber auch nicht um
jeden Preis».

Im vergangenen Jahr hatten sich die großflächigen Einschränkungen an

den Schulen bis ins Frühjahr gezogen. Nur schrittweise kehrten
Schülerinnen und Schüler zurück, manche erst im Mai. Wegen der langen

Ausfälle wird geschätzt, dass sich bei fast einem Viertel der
Schülerinnen und Schüler Lernrückstände aufgebaut oder vergröße
rt
haben.

Schülervertreter zeigten sich mit dem KMK-Beschluss zufrieden. Im
Großen und Ganzen stimme dies mit den Positionen der
Bundesschülerkonferenz überein, sagte deren Generalsekretärin
Katharina Swinka am Mittwoch im Nachrichtensender «Welt». Sie verwies
auf mögliche negative psychosoziale Folgen durch Schulschließungen,
Lerndefizite und darauf, dass es für die Entwicklung wichtig sei,
dass Schülerinnen und Schüler ihre Freunde sehen könnten.