Sind Corona-«Spaziergänge» durch die Versammlungsfreiheit geschützt ?

Seit Wochen halten unangemeldete «Spaziergänge» gegen die
Corona-Politik Behörden und Polizei auf Trab. Zehntausende kamen auch
am Montagabend in zahlreichen Kommunen wieder zusammen. Es gab
Anmeldungen, Spontanproteste und Verbote. Wie ist die Rechtslage?

Karlsruhe (dpa) - Die Versammlungsfreiheit ist in der Demokratie ein
hohes Gut. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 8 «das Recht, sich
ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu
versammeln». Eine Genehmigung braucht es also generell nicht.

Bei «Versammlungen unter freiem Himmel» sind aber Beschränkungen
möglich. Diese sind im Versammlungsgesetz des Bundes geregelt; einige
Länder haben eigene Gesetze. Das Bundesgesetz sieht vor, dass
Versammlungen im Freien mindestens 48 Stunden vor Bekanntgabe vom
Veranstalter bei den Behörden angemeldet werden müssen. Das soll
sicherstellen, dass zum Beispiel der Verkehr umgeleitet werden kann
oder die Polizei auf mögliche Gegendemonstranten vorbereitet ist.

Eine Ausnahme sind sogenannte Spontanversammlungen. Damit ist
gemeint, dass sich Menschen aus einem aktuellen Anlass ungeplant und
ohne Veranstalter zusammenfinden. Hier gilt keine Anmeldepflicht.

Eine Versammlung kann laut Gesetz verboten werden, wenn die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung «unmittelbar gefährdet ist». Ei
n
Verbot darf aber immer nur das letzte Mittel sein. Auch in der
Corona-Pandemie gilt, dass zuerst geprüft werden muss, ob der
Infektionsgefahr durch mildere Auflagen begegnet werden kann.
Beispielsweise können die Behörden vorschreiben, dass alle
untereinander Abstand halten oder Schutzmasken tragen müssen.

Bei Verstößen kann die Polizei Teilnehmer von der Versammlung
ausschließen oder diese ganz auflösen. Es drohen Geldbußen. Der
Veranstalter oder Leiter kann sich sogar strafbar machen und zu einer
Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt werden.

In den «Spaziergängen» der Gegner der Corona-Maßnahmen wie zuletzt

vor allem in Mannheim und Ravensburg, Karlsruhe und Friedrichshafen
sehen die Behörden einen Versuch, die Anmeldepflicht zu umgehen, um
keine Auflagen zu bekommen: Das Ganze soll so wirken, als sei es gar
keine Demonstration oder als habe sich diese spontan ohne Organisator
gebildet. Tatsächlich gibt es vorher aber Aufrufe in sozialen
Netzwerken wie im Messenger-Dienst Telegram.

Einige baden-württembergische Kommunen sind deshalb dazu
übergegangen, solche Versammlungen per Allgemeinverfügung ganz zu
verbieten. In der Stuttgarter Innenstadt etwa sind seit Jahresanfang
bis 31. Januar «alle nicht angezeigten und nicht behördlich
bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen» gegen die
Corona-Maßnahmen untersagt, die «mit generellen Aufrufen zu
«Montagsspaziergängen» oder «Spaziergängen»» verbunden sind.

Angemeldete Versammlungen bleiben möglich.