Zehntausende bei «Spaziergängen» gegen Corona-Politik im Südwesten

Zehntausende Menschen sind erneut zu sogenannten
«Montagsspaziergängen» zusammengekommen. Ungeachtet der Verbote
kritisieren sie die Corona-Politik. Aber es kommen auch andere mit
dazu, die die Proteste für sich und ihre Partei nutzen wollen.

Stuttgart (dpa/lsw) - Nach den erneuten und oft verbotenen Protesten
von Zehntausenden Menschen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen in
vielen Städten und Gemeinden hat Baden-Württembergs Innenminister
Thomas Strobl (CDU) vor den rechtlichen Folgen gewarnt. «Der
Rechtsstaat schaut nicht weg», sagte er am Dienstagmorgen im
ARD-«Morgenmagazin». «Diejenigen, die so etwas organisieren, machen
sich strafbar.» Es gebe bereits Dutzende von Strafverfahren und
Hunderte von Bußgeldanzeigen.

Strobl schätzte die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei den
jüngsten, oft unangemeldeten sogenannten Spaziergängen im Südwesten
auf 50 000 Menschen. Die Behörden gingen von landesweit 170
Veranstaltungen allein am Montagabend aus. Rund 2500 Polizeibeamte
seien im Einsatz gewesen.

Seit Wochen gehen Gegner der Corona-Politik vielerorts in
Baden-Württemberg auf die Straße. Nicht immer kündigen sie die
Demonstrationen an, sondern treffen sich als sogenannte
Spaziergänger. Weil sie sich in sozialen Netzwerken verabreden, weiß
die Polizei manchmal nicht im Voraus, wo eine Aktion stattfindet. Bei
derartigen Protesten hatte es immer wieder Ausschreitungen gegeben.

Nach Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV)
versuchen Teile der AfD in Baden-Württemberg zudem, bei diesen
Protesten neue Anhänger zu gewinnen. «Im Rahmen der Demonstrationen
versuchen die extremistischen AfD-Teilstrukturen neue Zielgruppen zu
erschließen und für die eigene Agenda zu werben», teilte das
Innenministerium am Dienstag mit. Bislang könne aus Sicht des LfV
aber lediglich von einem Versuch gesprochen werden, das sehr
heterogene Protestgeschehen rund um die Corona-Schutzmaßnahmen für
sich zu vereinnahmen. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Beobachtet würden die extremistischen AfD-Teilstrukturen «Junge
Alternative Baden-Württemberg» (JA BW) und der formal aufgelöste
«Flügel», hieß es weiter. Deren Mitglieder sprächen sich seit vie
len
Monaten gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen aus. Sie
stellten zudem zum Teil wissenschaftliche Erkenntnisse zum
Coronavirus und zu den Impfstoffen in Frage, erklärte das
Innenministerium weiter.