Silvester in Berlin - Verletzte, Angriffe und Festnahmen Von Stella Venohr, Julia Kilian und Marion van der Kraats, dpa

Feuerwehr und Polizei waren zum Jahreswechsel in Berlin im
Dauereinsatz. Auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie. Trotz
Angriffen auf Einsatzkräfte fällt die Bilanz der Behörden recht
positiv aus.

Berlin (dpa/bb) - Die große Silvesterfeier ist auch im zweiten Jahr
der Corona-Pandemie ausgefallen - doch Polizei und Feuerwehr hatten
in Berlin mehr zu tun als vor einem Jahr. So gab es 280 Festnahmen,
mehr als 1000 Feuerwehreinsätze und wieder mehr Angriffe auf
Einsatzkräfte. Trotz Verkaufsverbots für Feuerwerk knallten in vielen
Kiezen Böller und Raketen stiegen in den Himmel auf. Am Brandenburger
Tor, wo das ZDF ohne Publikum die Fernsehshow «Willkommen 2022»
sendete, drängten sich mehrere Tausend Menschen, so dass die Polizei
einschritt. Bei einer privaten Silvesterparty wurden zwölf Menschen
bei der Explosion von illegalem Feuerwerk verletzt.

Dennoch zogen Polizei, Feuerwehr und Berlins neue Innensenatorin Iris
Spranger (SPD) eine positive Bilanz. Sie blicke auf einen
«vergleichsweise ruhigen, aber dennoch fordernden Silvestereinsatz
zurück», hieß es von der Polizei am Samstag. Der deutlich
überwiegende Anteil der Feiernden habe sich verantwortungsbewusst
verhalten. «Wenige machten polizeiliche Maßnahmen erforderlich und
griffen zum teil Polizeikräfte gezielt an.»

Bis 3.00 Uhr seien 15 Polizistinnen und Polizisten bei dem Einsatz
verletzt worden, zwei davon hätten ihren Dienst vorzeitig beendet. Im
vergangenen Jahr waren sieben Polizisten verletzt worden. Auch die
Feuerwehr verzeichnete mehr Angriffe auf Einsatzkräfte und Fahrzeuge
als im ersten Jahr der Corona-Pandemie: Sie zählte zehn solcher
Übergriffe, davon acht mit Pyrotechnik. Im Vorjahr hatte es nach
Angaben der Feuerwehr fünf gegeben.

Die Innensenatorin sagte: «Es ist traurige Realität, dass es in der
Silvesternacht regelmäßig zu Gewalt gegen Polizeidienst- und
Rettungskräfte kommt. Das gefährdet nicht nur die Einsatzkräfte,
sondern auch Menschen, die dringend Hilfe brauchen.» Überwiegend sei
aber friedlich in Berlin gefeiert worden, erklärte die
SPD-Politikerin. Die Einsatzkonzepte von Polizei und Feuerwehr hätten
Wirkung gezeigt. Die Pyroverbotszonen in den Bereichen
Alexanderplatz, Steinmetzkiez und vor der Haftanstalt Moabit hätten
für Ruhe gesorgt an Orten, an denen es in den Vorjahren zu
Böllerverletzungen und Schlägereien gekommen sei.

Zu einem größeren Einsatz kam es in der Nähe des Brandenburger Tors,

wo das ZDF seine Fernsehshow ohne Publikum aufnahm. Trotz des
ungemütlichen Wetters strömten kurz vor Mitternacht mehrere Tausend
Menschen zu dem Wahrzeichen. Die Polizei hatte noch vor Mitternacht
bei Twitter darauf hingewiesen, dass es diesmal dort kein
Höhenfeuerwerk geben werde. Gleichwohl wollten dort viele den
Jahreswechsel feiern, wie Polizeisprecher Thilo Cablitz sagte.

Die Gegend Unter den Linden, in der sich die Menschen um Mitternacht
versammelt hatten, war nach Angaben des Polizeisprechers keine
Verbotszone. Es seien aber zunehmend keine Abstände eingehalten
worden, erklärte Cablitz. Einsatzkräfte hätten die Menschen dann
aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Seinen Angaben zufolge löste
sich die Menge nach und nach auf. Auch der U-Bahnhof dort war
zwischenzeitlich geschlossen worden.

Auf der Bühne traten unterdessen mehrere Musikerinnen und Musiker
auf. Auch Berlins neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey
(SPD) hatte einen kurzen Auftritt. Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) war per Video zugeschaltet und sagte mit Blick auf
die Pandemie, für 2022 sehe er «Licht am Ende des Tunnels».

Neben den Pyroverbotszonen galten wegen der Pandemie weitere
Vorsichtsmaßnahmen. Private Feiern waren nur im kleinen Rahmen
erlaubt. An 53 Stellen galt ein Versammlungs- und Feuerwerksverbot,
dazu gehörten etwa der Potsdamer Platz, das Kottbusser Tor und der
Breitscheidplatz. Diese Verbote durchzusetzen war ein Schwerpunkt des
Einsatzes, bei dem laut Polizei 1600 zusätzliche Polizistinnen und
Polizisten die etwa 900 Streifenbeamten unterstützten.

Sie nahmen den Angaben zufolge 263 Männer und 15 Frauen in der Nacht
fest. Das waren deutlich weniger Festnahmen als im Vorjahr, wo mehr
als 700 Menschen vorübergehend festgenommen worden waren. «Das waren
aber andere Umstände», betonte eine Polizeisprecherin. Silvester
2020/21 galt in der Hauptstadt ein Versammlungsverbot. Das war in
diesem Jahr nicht der Fall. 339 Ermittlungsverfahren wurden laut
Polizei eingeleitet, etwa wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und
wegen Abbrennens von Pyrotechnik. Zudem seien 92 Schreckschusswaffen
sichergestellt worden.

Die Berliner Feuerwehr registrierte 164 Einsätze mehr als im Vorjahr.
Zwischen 19.00 Uhr abends und 6.00 Uhr morgens rückte sie demnach zu
1026 Einsätzen aus. Die Feuerwehrleute bekämpften in der Nacht zum
Samstag 219 Brände (2020/21: 211), wie Landesbranddirektor Karsten
Homrighausen am Samstag bilanzierte. Hinzu kamen 755
Rettungsdiensteinsätze (556).

Im Ortsteil Friedrichshagen wurden auf einer privaten Silvesterparty
zwölf Menschen beim Zünden von selbstgebauten Feuerwerk verletzt. Der
jüngste Verletzte ist laut Feuerwehr ein elfjähriger Junge. Elf
Verletzte wurden ins Krankenhaus gebracht.

Böller und Raketen durften bundesweit nicht verkauft werden. Damit
sollte verhindert werden, dass die Krankenhäuser weiter belastet
werden. Allerdings war mancherorts Böllerkrach zu hören, auch
Feuerwerks-Raketen stiegen in den Himmel. Der Zoll hatte nach eigenen
Angaben bei Kontrollen von Reisenden an der Grenze zu Polen zum
Jahresende verstärkt Käufe von Feuerwerk festgestellt - auch in
Deutschland nicht zugelassenes.

Mit dem Start ins neue Jahr wurden die ersten Menschen ins Berliner
Unfallkrankenhaus gebracht, die sich mit Feuerwerk verletzt hatten.
Bis zum Neujahrsmorgen wurden 15 Menschen behandelt, wie eine
Sprecherin am Samstag mitteilte. Das seien fünf Patienten mehr
gewesen als im Vorjahr. In fünf Fällen seien Operationen nötig
gewesen.

Auch für die Stadtreinigung bedeutet Silvester normalerweise viel
Arbeit - angesichts von Böllerverboten an vielen Orten rechnet das
Unternehmen aber auch in diesem Jahr mit deutlich weniger
Silvestermüll und schickte an Neujahr eine normale Samstagsbesetzung
mit etwa 350 Beschäftigten sowie 110 Fahrzeuge auf die Straßen, die
vielerorts deutlich weniger vermüllt waren als in früheren Jahren.