Tourismus in Niedersachsen setzt auf nachhaltige Urlaubsangebote

Neben Einschränkungen bringt die Pandemie für den Tourismus auch
Neuerungen und Trends. Einiges könnte längerfristig erhalten bleiben,
meint die IHK. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium setzt auf
mehr Nachhaltigkeit für die Branche.

Göttingen (dpa/lni) - Die Industrie- und Handelskammer (IHK) rechnet
auch nach der Corona-Pandemie mit einer hohen Nachfrage nach
nachhaltigen Urlaubsformen. Viele durch Corona aufgezeigte Trends
würden längerfristig bleiben, vermutet die Tourismussprecherin der
IHK Niedersachsen, Kerstin Kontny. Dazu zählten neben nachhaltigen
Reisen wie Campingtrips auch Aktivurlaube und die Digitalisierung.

Das Niedersächsische Wirtschaftsministerium (MW) setzt für die
Zukunft der Branche auch auf Nachhaltigkeit. Die Themen sollten
eigentlich am Donnerstag beim niedersächsischen Tourismustag in
Goslar besprochen werden. Die Veranstaltung wurde aber aufgrund der
Corona-Lage abgesagt und auf das Frühjahr 2022 verschoben.

«Viele Menschen wollen raus in die Natur», sagte Kontny. Dieses
Bedürfnis habe sich in der Pandemie stark entwickelt. So boome in
Niedersachsen derzeit etwa der Camping-Tourismus, auch Fahrradurlaube
seien gefragt. «Diese Entwicklungen sind nicht komplett neu, aber
durch Corona deutlicher geworden», sagte sie.

Der Trend zum Inlandstourismus könnte bald wieder abflachen, wenn
Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie aufgehoben werden.
Kontny hofft jedoch, dass dafür Zweit- oder Dritturlaube im eigenen
Land verbracht werden. Denn: «Viele haben durch Corona neue Ziele in
Deutschland kennen und schätzen gelernt.»

Zumal sich die hiesige Branche weiterentwickelt habe - etwa im
Bereich der Digitalisierung durch Onlinebuchungen in Restaurants oder
Apps, die bei Überfüllungen von Attraktionen Alternativen
vorschlagen. Diese Angebote seien für Reisende attraktiv, sagte
Tourismussprecherin Kontny.

Zuletzt hatten sich die Übernachtungszahlen in Niedersachsen weiter
erholt. Im September waren sie gegenüber dem Vorjahresmonat um zwölf
Prozent gestiegen und hatten fast das Vorkrisenniveau aus dem
September 2019 erreicht, wie das Landesamt für Statistik
Niedersachsen am Mittwoch mitteilte.

Neben der Pandemie spielten auch Klimawandel und Nachhaltigkeit eine
wichtige Rolle. «Gerade am Beispiel Harz zeigt sich, dass das
Reiseland Niedersachsen auf einen nachhaltigen Tourismus setzen
muss», sagte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Vor diesem
Hintergrund seien die kurze Anreise, ein klimafreundlicher ÖPNV im
Ort oder regional, ökologisch produzierte Lebensmittel Qualitäten,
mit denen das niedersächsische Gastgewerbe bei Reisenden punkten
könne.

Zusammen mit der Landesgesellschaft Tourismusmarketing Niedersachsen
arbeitet das Ministerium deshalb an Ideen, die den Tourismus fit für
den Klimawandel und die Zukunft machen sollen. Demnach müssten unter
anderem die An- und Abreise von Touristen klimafreundlich werden und
touristische Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen geschaffen
werden.

In Zukunft könnten die Auswirkungen der Erderwärmung
Tourismusunternehmen die Lebensgrundlage entziehen, etwa durch
Katastrophen oder nicht mehr ansehnliche Landschaften, sagte die
IHK-Sprecherin. So würde dem Harz aufgrund des Baumsterbens durch den
Borkenkäfer ein wichtiger Reisegrund verloren gehen.

Viele Unternehmen setzten sich deshalb bereits für mehr
Nachhaltigkeit ein, etwa durch Rabatte für Urlauber, die mit der Bahn
anreisen, sagte Kontny. Ein weiteres Beispiel: An der Küste zeichnet
der Nationalpark Wattenmeer Hotels und Restaurants aus, die sich für
umweltbewusstes Handeln einsetzen.

Ein Problem im Sinne der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bleibe der
Fachkräftemangel in der Branche. «Drei Viertel der Betriebe aus dem
Gastgewerbe in Niedersachsen können offene Stellen nicht besetzten»,
sagte IHK-Sprecherin Kontny. Die Betriebe seien gefordert,
umzudenken, um Mitarbeiter zu halten oder neue zu finden.