Anklage gegen Corona-Testcenter-Betreiber: 25 Millionen Euro Schaden

Es geht um einen Millionenschaden: Ein Corona-Schnelltest-Betreiber
aus Bochum soll in zahlreichen Teststellen in Deutschland wochenlang
viel mehr Proben abgerechnet als durchgeführt haben. Jetzt hat die
Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.

Bochum (dpa) - Wegen des Verdachts des millionenschweren
Abrechnungsbetrugs mit Corona-Schnelltests hat die Staatsanwaltschaft
Bochum Anklage gegen zwei Verantwortliche bei einem
Testzentrumsbetreiber erhoben. Durch falsche Abrechnungen in
mindestens 70 Teststellen in vielen deutschen Städten soll ein
Schaden von mindestens 25 Millionen Euro verursacht worden sein,
teilte das Landgericht Bochum am Mittwoch mit.

So gehe die Anklage davon aus, dass über 900 000 Tests abgerechnet
wurden, die tatsächlich gar nicht durchgeführt worden sein sollen.
Mit dem mutmaßlichen Betrug soll der hauptbeschuldigte faktische
Geschäftsführer die Pandemienotlage dazu genutzt haben, sich
«persönlich an öffentlichen Mitteln der Bundesrepublik Deutschland zu

bereichern», so der Vorwurf der Ermittler laut Gerichtsmitteilung.

Der Anwalt des Teststellen-Betreibers war auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur zunächst nicht zu erreichen. Laut «Westdeutscher
Allgemeiner Zeitung» will er zumindest einen Teil der Vorwürfe nicht
gelten lassen: «Den Vorwurf, dass zu viel abgerechnet wurde,
bestreitet mein Mandant nachhaltig», sagte Strafverteidiger Reinhard
Peters der Zeitung am Mittwoch. Bei den anderen Vorwürfen handele es
sich um «reine Rechtsfragen», die das Gericht beantworten müsse.

Recherchen von NDR, WDR und «Süddeutscher Zeitung» hatten den Fall im

Frühsommer aufgebracht. Die Reporter hatten vor den Centern der Firma
MediCan Kunden gezählt - viel weniger, als zur Abrechnung gebracht
worden waren.

In Bochum angeklagt sind laut Gericht Vater und Sohn. Ersterer
befindet sich wegen des Betrugsvorwurfs seit Anfang Juni in
Untersuchungshaft. Ihm werde vorgeworfen, die Geschäfte tatsächlich
geführt zu haben. Der wegen Betrugsbeihilfe beschuldigte Sohn sei
nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft auf dem Papier als formeller
Geschäftsführer der GmbH eingesetzt gewesen. Er hatte zeitweise in
Untersuchungshaft gesessen, kam aber wieder frei.

Wie das Gericht mitteilte, soll der faktische Geschäftsführer
zwischen März und April 2021 «jeweils das Vielfache der tatsächlich
durchgeführten Tests abgerechnet haben, nachdem er erkannt haben
soll, dass es im Rahmen der Abrechnung aufgrund der pandemiebedingten
Besonderheiten unmittelbar keiner Nachweise für die tatsächliche
Erbringung der Testungen bedurfte». Dadurch soll der Löwenanteil der
entstandenen Schadenssumme von mehr als 20 Millionen Euro entstanden
sein, sagte eine Sprecherin des Landesgerichts.

Weitere Summen soll der Betreiber zu Unrecht eingestrichen haben,
indem er fälschlicherweise angab, die Tests seien durch ärztliches
Personal durchgeführt worden. Ärzte waren im Frühjahr laut
Corona-Testverordnung des Bundes berechtigt, 15 statt 12 Euro pro
Antigen-Schnelltest in Rechnung zu stellen.

Dem Sohn und formal eingesetzten Geschäftsführer werfen die Ermittler
laut Gericht Beihilfe zum Betrug vor. Er soll spätestens im April von
den falschen Abrechnungen gewusst haben. Das Landgericht prüfe nun,
ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen werde.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bochum dauern die Ermittlungen zu
einem dritten Beschuldigten in dem Fall weiter an. Was ihm genau
vorgeworfen werde, dazu könne man aus ermittlungstaktischen Gründen
keine Angaben machen.

Anders als zunächst von Beobachtern befürchtet, entpuppten sich die
betrügerischen Abrechnungen in Schnellteststellen laut
NRW-Landesregierung nicht als «Massenphänomen». Zwar gab und gibt es

inzwischen laut Justizbehörden eine Reihe von Ermittlungen bei
mehreren Staatsanwaltschaften gegen «Schwarze Schafe», aber kein
flächendeckendes Problem.