Geteiltes Echo auf Ende der Quarantäne-Entschädigung für Ungeimpfte

Impfpflicht durch die Hintertür oder nachvollziehbare, logische
Entscheidung? Die von den Gesundheitsministern beschlossene
Streichung der Entschädigung für ungeimpfte Arbeitnehmer in
Corona-Quarantäne löst gespaltene Reaktionen aus.

Berlin (dpa) - Das Ende der Entschädigungszahlungen für ungeimpfte
Arbeitnehmer in Corona-Quarantäne ist auf ein geteiltes Echo
gestoßen. Während der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der
Sozialverband VdK sich gegen den Beschluss der Gesundheitsminister
von Bund und Ländern stellten, lobten ihn die Kommunen. Auch der
Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach von
einer richtigen Maßnahme.

Die Gesundheitsminister hatten am Mittwoch mehrheitlich beschlossen,
dass es für Verdienstausfälle, die wegen einer angeordneten
Quarantäne entstehen, für die meisten ungeimpften Arbeitnehmer
spätestens ab 1. November keine Entschädigung mehr geben soll.
Greifen soll dies für alle, für die es eine Impfempfehlung gibt und
die sich auch impfen lassen können. Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) hatte erklärt, es gehe nicht um Druck, sondern auch um
Fairness.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (RND/Donnerstag): «Es kann nicht sein, dass die Politik
die Verantwortung für den Kampf gegen die Pandemie einfach bei den
Beschäftigten ablädt. Eine Impfpflicht durch die Hintertür lehnen wir

weiterhin ab.» Außerdem bedeute die Neuregelung auch, dass
Beschäftigte dem Arbeitgeber ihren Impfstatus offenlegen müssten.

Auch VdK-Präsidentin Verena Bentele wandte sich gegen die
Übereinkunft der Gesundheitsminister. «Wir haben riesige Bedenken.
Das wird jetzt auf irgendeine Weise zu einer Impfpflicht durch die
Hintertür in Deutschland», sagte Bentele dem Fernsehsender Phoenix.
Es gebe immer noch etliche Menschen, die noch nicht über ein Attest
bei einer chronischen Erkrankung verfügten, weil es noch keine
ausreichende Studienlage gebe. «Und gerade für die Menschen, die
deswegen Sorge haben, sich impfen zu lassen und kein Attest bekommen,
wäre die Existenzgefährdung sehr hart.»

Dagegen lobte der Deutsche Städte- und Gemeindebund den Beschluss.
«Es ist eine individuelle Entscheidung, sich trotz des bestehenden
Angebotes nicht impfen zu lassen», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd
Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). «Das
bedeutet aber auch, dass die Konsequenzen dieser Entscheidung selbst
zu tragen sind.» Es gebe keinen Grund, weshalb die Allgemeinheit in
diesen Fällen die Entschädigung finanzieren sollte.

Positiv auf die Entscheidung reagierte auch der Deutsche Städtetag.
«Ich halte es für richtig, die Fortzahlung von Verdienstausfällen bei

Quarantäne für Ungeimpfte auslaufen zu lassen», sagte Präsident
Burkhard Jung (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag).
Es gebe inzwischen ein Impfangebot für alle. Und nach dem
Infektionsschutzgesetz werde bei Quarantäne nur entschädigt, wer sich
nicht impfen lassen könne oder wenn keine Impfung verfügbar sei,
sagte Jung, der auch Leipziger Oberbürgermeister ist. Lohnfortzahlung
sollte der Staat nur übernehmen, wenn es dafür einen guten Grund
gebe, wenn sich also jemand zum Beispiel aus medizinischen Gründen
nicht impfen lassen könne.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Weltärztebundes, Montgomer
y.
Wer sich nicht impfen lasse, der müsse auch die Konsequenzen seines
Handelns tragen, sagte Montgomery der «Augsburger Allgemeinen»
(Donnerstag). Dass Arbeitnehmer deshalb die Quarantänepflicht
umgingen, hält der Montgomery für unwahrscheinlich: «Quarantäne ist

eine im Infektionsschutzgesetz verankerte Pflichtmaßnahme. Ihr kann
man sich nicht entziehen, ohne sich strafbar zu machen.» Es sei
richtig, wenn drei Monate nach ausreichenden Impfangeboten nun
finanzielle Vorteile wie der Ausgleich des Verdienstausfalls in der
Quarantäne oder die Kosten für Testungen bei Ungeimpften wegfielen.