Gewerkschaft: Lehrkräftemangel erschwert Neustart an Schulen

Homeschooling, kein Sport, keine Musikschule: Kinder und Jugendliche
haben während des Lockdowns besonders gelitten. Aus Sicht von
Pädagogen und Schülerschaft ist mehr Personal zur Bewältigung der
Corona-Folgen notwendig.

Hannover (dpa/lni) - Die Personalknappheit an niedersächsischen
Schulen erschwert aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW den Neustart
nach monatelangem Homeschooling. Dabei gehe es für die Schülerinnen
und Schüler gar nicht nur um das Nachholen von Stoff, sondern vor
allem um das Aufarbeiten des Erlebten, sagte die
GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth am Montag der Deutschen
Presse-Agentur.

Problematisch sei, dass die meisten Personalmaßnahmen in Zusammenhang
mit Corona zeitlich befristet seien: «So ist es schwierig, die
Stellen zu besetzen und später ein dauerhaftes Vertrauensverhältnis
zu den Schülerinnen und Schülern auszubauen.» Niedersachsen habe seit

Jahren verschlafen, genügend Ausbildungsplätze für Lehrkräfte zu
schaffen.

Nach Angaben des niedersächsischen Kultusministeriums sind im
aktuellen Einstellungsverfahren mehr als 1590 neue Lehrkräfte
ausgewählt worden (Stand 17. September). Ausgeschrieben waren
allerdings knapp 2000 Stellen. Kultusminister Grant Hendrik Tonne
(SPD) betonte vor drei Wochen, dass das Einstellungsverfahren noch
laufe. Allerdings zu schleppend, meinte die Gewerkschaft. GEW-Chefin
Pooth kritisierte: «Besonders dramatisch stellt sich der
Personalmangel an Real-, Haupt- und Oberschulen dar. Doch auch an
Grundschulen und im berufsbildenden Bereich ist es nach Rückmeldungen
aus den Schulen nicht viel besser.»

Der niedersächsische Landesschülerrat fordert ebenfalls mehr
Unterstützung beim Aufholen von Lernstoff nach anderthalb Jahren
Pandemie. Zur Unterstützung der Lehrkräfte sollten kurzfristig
Quereinsteiger und Studierende in die Schulen geholt werden, sagte
der Vorsitzende des Gremiums, Justus Scheper aus Nordhorn (Grafschaft
Bentheim). Sie könnten dabei helfen, die während des Lockdowns
entstandenen Lücken zu schließen.

Laut Ministerium haben Schulleitungen die Möglichkeit erhalten, etwa
Studierende und pensionierte Lehrkräfte befristet an die Schulen zu
holen. Im Rahmen des Aktionsprogramms «Startklar in die Zukunft»
stünden dafür 160 Vollzeitstellen zur Verfügung, die bereits in sehr

hohem Umfang umgesetzt worden seien. Auch hätten Teilzeitkräfte ihre
Stundenzahl kurzfristig aufgestockt.

Nach Beobachtung des Landesschülerrates herrscht dennoch
Personalmangel. Bei kurzfristigen Erkrankungen von Lehrerinnen und
Lehrern falle der Unterricht vielerorts komplett aus, weil keine
Vertretungskräfte vorhanden seien, bemängelte Scheper. Auch die
Opposition im Landtag beklagte, dass zum neuen Schuljahr nicht
genügend Lehrkräfte eingestellt worden seien. Manche Schulen müssen
deshalb auch Kürzungen bei Arbeitsgemeinschaften oder dem
Förderunterricht für schwächere Schülerinnen und Schüler vornehme
n.

«Was die Ausstattung mit Luftfiltern angeht, hinkt Niedersachsen
anderen Bundesländern hinterher», kritisierte der 19-jährige
Gymnasiast außerdem. Mittlerweile seien die Preise für die Geräte
gestiegen, zudem gebe es lange Lieferzeiten. «Derzeit ist das Öffnen
von Fenstern in den Unterrichtsräumen noch kein Problem, weil das
Wetter angenehm ist, aber in den Wintermonaten wird das eine
ordentliche Herausforderung.» Dem hält der Ministeriumssprecher
entgegen, dass die Geräte die Notwendigkeit des Lüftens nicht
ersetzten. Zudem sei bei kalten Außentemperaturen schon ein Lüften
von etwa drei bis fünf Minuten sehr wirksam.

Das Maskentragen während des Unterrichts ist nach Beobachtung der
Landesschülerrats bei der weit überwiegenden Mehrheit der Kinder und
Jugendlichen indessen akzeptiert und bereitet keine Probleme.