Ischgl-Prozess um Covid-Opfer: Staat Österreich lehnt Vergleich ab

Wien (dpa) - Beim ersten Prozess um den folgenschweren
Corona-Ausbruch im Tiroler Skiort Ischgl hat der österreichische
Staat eine einvernehmliche Lösung und Vergleichsverhandlungen
abgelehnt. Die Republik vertritt die Auffassung, dass Regierung und
Behörden mit dem damaligem Wissen über das Virus richtig handelten
und die Klage deshalb grundlos ist - dies wurde zum Auftakt des
Verfahrens am Freitag deutlich. Vor dem Wiener Landgericht fordern
die Witwe und der Sohn eines an Covid-19 gestorbenen Österreichers,
der sich bei der chaotischen Abreise aus Ischgl angesteckt haben
soll, rund 100 000 Euro Schadenersatz vom Staat.

Der auch bei Deutschen beliebte Ski- und Partyort wurde im März 2020
wegen steigender Fallzahlen plötzlich geschlossen. Reiserückkehrer
trugen das Virus in viele Heimatländer weiter. Laut Klägeranwalt
Alexander Klauser reagierten Behörden aber zu spät auf die ersten
Infektionen und setzten Gesundheitsmaßnahmen nicht ausreichend um.
Außerdem habe Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am 13. März eine
Quarantäne für Ischgl ohne Vorbereitungen verkündet. Tausende
Urlauber seien dadurch unkontrolliert und dicht an dicht gedrängt
geflohen. «Wer sich noch nicht in der Woche davor mit dem Coronavirus
infiziert hatte, infizierte sich jetzt in überfüllten Pkws und
Skibussen,» sagte Klauser vor Journalisten.

Bei dem Gericht sind bislang 15 Klagen zu Ischgl eingegangen. Der
österreichische Verbraucherschutzverein (VSV), der die Klagen
unterstützt, rechnet jedoch damit, dass insgesamt bis zu 3000
Ansprüche an den Staat gestellt werden.