) Facebook löscht «Querdenken»-Kanäle als «schädliches Netzwerk »

Facebook hat ein neues Verfahren entwickelt, um weltweit «schädliche
Netzwerke» von seiner Plattform zu verbannen. Den ersten Fall hat der
Internet-Konzern in Deutschland identifiziert: die umstrittene
«Querdenken»-Bewegung.

Berlin (dpa) - Facebook hat knapp 150 Konten und Gruppen auf seinen
Plattformen gelöscht, die der Internetkonzern der umstrittenen
Querdenker-Bewegung zuordnet. Es sei weltweit die erste gezielte
Aktion, die sich gegen eine Gruppierung richte, die eine
«koordinierte Schädigung der Gesellschaft» (Coordinated Social Harm)

hervorrufe, sagte Facebook-Sicherheitsmanager Nathaniel Gleicher am
Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen seien auch die
Accounts von Querdenken-Gründer Michael Ballweg.

Die Aktion richtet sich gegen «Querdenker» auf Facebook selbst und
Instagram. Nicht betroffen ist der Chatdienst WhatsApp, der ebenfalls
zum Facebook-Konzern gehört. Facebook-Manager Gleicher warf den
Querdenkern vor, in koordinierter Weise wiederholt gegen die
Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen haben. «Hierzu zählen
die Veröffentlichung von gesundheitsbezogenen Falschinformationen,
Hassrede und Anstiftung zur Gewalt.»

Facebook hat zudem eine Liste von Webseiten der Querdenker
identifiziert, die auf Facebook nicht länger verlinkt werden können:
«Wir haben Verlinkungen auf Domains der Querdenken-Bewegung von
unserer Plattform entfernt.»

Ballweg kündigte an, gegen die Löschung rechtlich vorzugehen.
Insbesondere die Facebook-Seite von «Querdenken711» mit über 30 000
Abonnenten habe nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und
Meinungsfreiheit zum Thema gehabt. Man habe sich bereits in den
vergangenen Monaten mehrfach gegen ungerechtfertigte Löschungen
rechtlich zur Wehr setzen können, sagte er der dpa.

Das «schädliche Netzwerk» sei von Personen betrieben worden, die mit

Gewalt außerhalb der Plattform und anderen «sozialen Schäden» in
Verbindung gebracht würden. An diesen koordinierten Kampagnen seien
in der Regel authentische Nutzer beteiligt. «Das sind keine
Fake-Profile, sondern echte Menschen, die sich organisieren, um
systematisch gegen unsere Richtlinien zu verstoßen und Schaden auf
oder außerhalb unserer Plattform anzurichten», sagte Gleicher.

Die Personen in dem Netzwerk nutzten aber auch doppelte Konten, um
verletzende Inhalte zu posten und zu verbreiten. «Querdenken»
konzentriere sich in erster Linie darauf, die Verschwörungserzählung
zu fördern, dass die Covid-19-Beschränkungen der deutschen Regierung
Teil eines größeren Plans sind, um die Bürger ihrer Freiheiten und
Grundrechte zu berauben. «Wie aus den öffentlichen Medien bekannt
ist, hat diese Gruppe in Deutschland reale Gewalt gegen Menschen
ausgeübt, die im Journalismus, bei der Polizei oder im
Gesundheitswesen arbeiten», heißt es in dem Blogeintrag des
Facebook-Managers.

Die Anhänger der «Querdenken»-Initiative gehen seit Monaten gegen die

staatlichen Corona-Maßnahmen auf die Straße. Bei den Demonstrationen
in Berlin und anderen Städten kam es auch zu Angriffen auf Polizisten
und Medienvertreter. Die Bewegung wird inzwischen von verschiedenen
Landesverfassungsschutzämtern beobachtet. Das Bundesamt für
Verfassungsschutz hat die Szene als «Sammelbeobachtungsobjekt» im
Visier, ähnlich wie beim Salafismus. Bei der Überwachung können auch

geheimdienstliche Mittel eingesetzt werden, sowie Bankkonten und
Finanzströme zwischen den Akteuren durchleuchtet werden.

Ende Mai hatte bereits die Video-Plattform Youtube den Kanal
«Querdenken 711» gelöscht. Ein Google-Sprecher warf damals der
umstrittenen Gruppierung vor, gegen die Youtube-Richtlinien für
Fehlinformationen verstoßen zu haben. Michael Ballweg, Sprecher von
«Querdenken 711», bestritt damals die Vorwürfe und kündigte an, auf

eine dezentrale Alternative zu Youtube ausweichen zu wollen. In den
sozialen Netzwerken ist Querdenken mittlerweile vor allen auf der
Plattform Telegram unterwegs, die selbst extremistische Inhalte nicht
löscht.