Diskussion über Entschädigung für Ungeimpfte bei Quarantäne

Ist die Entschädigung für Verdienstausfall bei der Quarantäne
Ungeimpfter eine steuerfinanzierte Urlaubsverlängerung oder der Preis
für die Freiheit, sich nicht impfen lassen zu müssen? Es gibt Pläne
für den Wegfall der Entschädigung. Doch in Thüringen wächst Kritik.


Erfurt (dpa/th) - In Thüringen sehen mehrere Landtagsfraktionen Pläne
von Bund und Ländern kritisch, Ungeimpften künftig bei vermeidbarer
Quarantäne keinen Verdienstausfall mehr zu zahlen. «Es gibt noch zu
viele Unschärfen, daher sehen wir das derzeit nicht als ein probates
Mittel an», sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Thüringer
CDU-Fraktion, Christoph Zippel. Unter anderem sei die Frage noch
nicht geklärt, wie man mit Menschen umgehe, die sich nicht impfen
lassen dürften. Auch Datenschutzfragen gebe es, weil nicht jeder
überhaupt offenlegen müsse, ob er geimpft sei.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Thüringer SPD-Fraktion,
Cornelia Klisch, positionierte sich ebenfalls gegen die Idee. «Bei
einer behördlich angeordneten Quarantäne müssen Beschäftigte
entschädigt werden. Ob ein Beschäftigter geimpft ist oder nicht, darf
dabei keine Rolle spielen», erklärte Klisch.

Eine Streichung der Entschädigung würde Druck ausüben, argumentierte

Klisch. Auch angesichts der Impfquoten in Thüringen sei ein solcher
Schritt «zu früh», wie sie sagte. Vielmehr müsse man noch mehr fü
r
Impfungen werben und niedrigschwellige Angebote machen.

In der Debatte geht es um Entschädigungen, die bisher geleistet
werden, wenn Beschäftigte in vom Gesundheitsamt angeordnete
Quarantäne müssen und dadurch Verdiensteinbußen erleiden. Bisher
können auch Ungeimpfte mit dieser Entschädigung rechnen. Fraglich
ist, ob das so bleibt.

Betroffen von einer Änderung wären beispielsweise Ungeimpfte, die
nach einer Auslandsreise in Quarantäne müssen, oder ungeimpfte
Arbeitnehmer, die im Rahmen der Kontaktnachverfolgung in Quarantäne
müssen. Anders bei einer Erkrankung: Wird eine Infektion bestätigt,
soll ein Arbeitnehmer weiter sein Gehalt bekommen, weil er dann als
«arbeitsunfähig», also krankgemeldet gilt.

Das Thüringer Gesundheitsministerium hatte am Freitag vergangener
Woche angekündigt, die bisherige Regelung zu überprüfen. Thüringen

hofft in der Diskussion auf eine bundesweit einheitliche Regelung.
Das Thema werde derzeit auf Staatssekretärsebene zwischen Ländern und
Bund beraten, sagte eine Sprecherin des Thüringer
Gesundheitsministeriums am Donnerstag. «Es wird ein
bundeseinheitliches Vorgehen angestrebt und dem würden wir uns dann
sicherlich anschließen», so die Sprecherin.

Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) hatte betont, dass es
nicht darum gehe, mehr Druck auf die Menschen aufzubauen, sich impfen
zu lassen.

Das allerdings befürchtet unter anderem Babette Pfefferlein,
gesundheitspolitische Sprecherin der Thüringer Grünen-Fraktion. Man
dürfe den Druck auf Ungeimpfte nicht erhöhen, sagte sie, sondern
müsse dafür werben, sich impfen zu lassen.

Auch die Thüringer AfD-Fraktion hatte die Pläne bereits am Wochenende
abgelehnt. AfD-Fraktionschef Björn Höcke sprach von «unerträglichen

kommunistischen Erziehungs- und Druckmethoden von Rot-Rot-Grün». Das
Ende der Entschädigung wird auch in anderen Bundesländern diskutiert.