Einige Unternehmen mit 2G - «Möglichkeit, wieder Geschäft zu machen »

Nach der neuen Umgangsverordnung des Landes können Gastronomen sich
dafür entscheiden, nur noch Geimpfte und Genesene einzulassen - und
dann viel mehr Gäste zu haben. Doch die so genannte 2G-Regel ist in
der Branche umstritten.

Potsdam (dpa/bb) - Nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbandes
Brandenburg (Dehoga) gibt es bereits einige Betreiber, die sich für
die sogenannte 2G-Regel entscheiden. Seit Donnerstag ist es in
Brandenburg möglich, diese Regel anzuwenden - und nur geimpften und
genesenen Menschen (2G) Einlass zu gewähren. Zahlen konnte der
Verband allerdings vorerst nicht nennen.

Beim Brandenburger Gesundheitsministerium hat es nach Angaben eines
Sprechers beim Corona-Bürgertelefon einige Nachfragen zur 2G-Regelung
gegeben - etwa von Betreibern von Kinos, Veranstaltern von Konzerten,
einem Friseur und mehreren Gastronomen. Die Betreiber müssen die
Regelung per Brief oder Mail dem Gesundheitsamt anzeigen. In Cottbus
gab es laut Stadtverwaltung noch keine Anmeldungen. In Potsdam haben
sich dazu beispielsweise das Waschhaus und das Restaurant Kochzimmer
entschieden. Laut der Geschäftsführung ist es vor allem auch ein
Schutz für Ungeimpfte. Und für das Personal eine Entlastung, das
bislang sechs bis acht Stunden Maske tragen müsse.

Nach dem Kabinettsbeschluss vom Dienstag haben Betreiber von Lokalen
und Hotels, Indoor-Sport-Anlagen und Veranstalter die Möglichkeit, in
der Corona-Pandemie Nicht-Geimpfte oder Nicht-Genesene außen vor zu
lassen. Kinder unter zwölf Jahren sind davon ausgenommen. Für die
Gäste fallen dann Masken- und Abstandspflicht weg. Diese Option gilt
nicht für Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge - wie für
Kitas, Schulen, Bibliotheken, Museen, Schwimmbädern, im Einzelhandel
und den öffentlichen Nahverkehr.

«Es ist für einige die Möglichkeit, wieder Geschäft zu machen»,
meinte Dehoga-Hauptgeschäftsführer Olaf Lücke. Dies betreffe zum
Beispiel kleinere Lokale, die keinen Außenbereich hätten. Lücke steht

der möglichen Regelung aber kritisch gegenüber. «Unsere Branche ist
kein Bonbon für eine Impfung», sagte er. Schon jetzt würden
Gastronomen von Gästen kritisiert, die sich für oder gegen 2G
entscheiden, berichtete Lücke. «Das ist unternehmerische Freiheit»,
stellte er klar. «Das kann jeder für sich frei entscheiden, welche
Option er wählt.»

Doch wenn die 2G-Regel angewendet wird, bleiben viele Kinder und
Jugendliche zunächst außen vor. Denn gut vier Wochen nach der
Corona-Impfempfehlung für 12- bis 17-Jährige durch die Ständige
Impfkommission (Stiko) sind in Brandenburg erst 17 Prozent dieser
Altersgruppe vollständig geimpft. Dies berichtete das
Gesundheitsministerium auf Anfrage. In der Gruppe der 18- bis
59-Jährigen sind 58,1 Prozent vollständig immunisiert, bei der
Altersgruppe 60 plus sind es 78,3 Prozent.

«Dass sich derzeit vor allem junge Menschen mit dem Coronavirus
infizieren, liegt vor allem daran, dass sie im Vergleich mit älteren
Altersgruppen viel seltener geimpft sind», erklärte
Ministeriumssprecher Gabriel Hesse. Die höchste Covid-19-Inzidenz
herrsche in Brandenburg aktuell in der Altersgruppe 10 bis 14 Jahre
mit 156 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche.
Dahinter folgen die Altersgruppe 15 bis 19 Jahre mit einer Inzidenz
von 97 und die 5- bis 9-Jährigen mit einem Wert von 94. Über diese
Inzidenz-Zahlen hatte bereits die «B.Z.» (online/Mittwoch) berichtet.

Der Gesundheitsausschuss des Landtags billigte die neue
Umgangsverordnung am Donnerstag mit den Stimmen der
rot-schwarz-grünen Regierungsfraktionen und gegen die Stimmen der
Opposition. Die nun geltende neue Corona-Warnampel ohne automatische
neue Beschränkungen schaut auch auf die Zahl der Krankenhauspatienten
und die Belegung der Intensivbetten. Die bekannte
Sieben-Tage-Inzidenz neuer Ansteckungen pro 100 000 Einwohner
innerhalb einer Woche bleibt aber auf kommunaler Ebene erhalten.

Beim Überschreiten der festgelegten Inzidenzwerte in der neuen
Corona-Umgangsverordnung gibt es nach Angaben von
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) keinen Automatismus
für weitere Maßnahmen. Bestimmte Werte führten nicht automatisch zu
neuen Regelungen, sagte Nonnemacher in einer Sondersitzung des
Gesundheitsausschusses im Landtag. «Auch in Brandenburg werden die
Werte intensiv beobachtet und danach wird weiter entschieden»,
betonte sie auf entsprechende Fragen.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die neue
Corona-Warnampel verteidigt. «Unsere Corona-Ampel zur Belastung der
Krankenhäuser wird, wenn die Zahlen steigen, Konsequenzen haben»,
sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur. «Sollten wir den Wert von
7 in der sogenannten Hospitalisierungsinzidenz überschreiten, wird
die Landesregierung sofort reagieren.»

Bei einer Zahl größer als 12 ist der Alarmwert erreicht. Der
Regierungschef bat aber um Verständnis, dass neue Beschränkungen erst
im Einzelfall geprüft werden sollen. «Entscheidend wird dann die
aktuelle Lagebeurteilung sein und eine Analyse der Ursachen, die zu
den hohen Werten führten», sagte Woidke. «Automatismen sind
schwierig, weil wir am Ende eine Entscheidung treffen müssen, die
höchsten juristischen Standards standhalten muss.»

Unterdessen blieb die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Brandenburg
vergleichsweise stabil: Innerhalb eines Tages wurden von den
Gesundheitsämtern 240 neue Fälle gemeldet, wie das
Gesundheitsministerium berichtete. Am Vortag waren es 248
Neuinfektionen und vor einer Woche 242.

Aktuell werden 54 Covid-19-Patienten in Kliniken behandelt, davon 15
auf Intensivstationen; 12 von ihnen müssen beatmet werden. Die Zahl
der Patienten pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, die
stationär behandelt werden, stieg landesweit leicht auf 0,87. 1,5
Prozent (Vortag 1,4 Prozent) der verfügbaren Intensivbetten sind mit
Covid-19-Patienten belegt. Ein Alarm wird auch ausgelöst, wenn dies
für mehr als 20 Prozent der Intensivbetten zutrifft.