Schlachthof dicht: 127 Beschäftigte mit Coronavirus infiziert

Der Coronavirus-Ausbruch in einem Zerlegebetrieb in Georgsmarienhütte
trifft auch Geimpfte. Viele der Betroffenen sind in
Sammelunterkünften untergebracht. Die Gewerkschaft NGG stellt deshalb
klare Forderungen an Unternehmen der Branche.

Georgsmarienhütte (dpa) - Nach einem Coronavirus-Ausbruch mit
inzwischen 127 infizierten Beschäftigten ruht der Betrieb in einem
Schlachthof im niedersächsischen Georgsmarienhütte. 38 positiv
getestete Beschäftigte wohnen im Landkreis Osnabrück, wie die Behörde

am Donnerstag mitteilte. Die Mehrheit der Betroffenen - nämlich 89 -
lebt im benachbarten Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Dort
gibt es unter anderem in Lengerich Sammelunterkünfte für rumänische
Arbeiter. Unter den positiv Getesteten sind auch bereits Geimpfte, in
Lengerich laut einem Stadtsprecher mindestens 25 Prozent. Es handele
sich überwiegend um Männer.

Der erste Fall war dem Schlachthof-Betreiber Steinemann Holding GmbH
bei einem Test vor Dienstbeginn im Betrieb aufgefallen. Es handelte
sich um einen Reiserückkehrer, der nach Betriebsangaben kurz zuvor
geimpft worden war. Der Landkreis Osnabrück ordnete PCR-Tests für
alle rund 300 Beschäftigten an, darunter etwa 60 in der Verwaltung.

Zu Ansteckungen sei es nicht im Schlachthof, sondern offenbar bei
privaten Treffen gekommen, bevor die Quarantäne angeordnet gewesen
sei, sagte Geschäftsführer Andreas Steinemann. Der Schlachthof bleibe
voraussichtlich bis Ende September geschlossen. «Für uns ist der
Ausbruch eine Katastrophe. Wir geben rund 100 000 Euro pro Monat für
Corona-Schutzmaßnahmen aus», sagte der Chef des Wurstherstellers aus
Steinfeld (Oldenburg), der den Schlachthof im Kreis Osnabrück erst im
vergangenen Herbst übernommen hatte.

Für Kritiker der Fleischindustrie ist der Ausbruch keine
Überraschung. «Auch wenn wir Leiharbeit beseitigt haben, wurden
vielerorts die Herrschaftsstrukturen übernommen», sagt Sebastian
Zöppel, Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Osnabrück. Die Bedingungen in
den Sammelunterkünften seien zwar verbessert worden, teilweise
müssten die überwiegend aus Rumänien stammenden Arbeiter aber immer
noch überhöhte Preise für ein Bett bezahlen. Für die Personalakquis
e
und Unterkünfte seien weiterhin Subunternehmer zuständig.

Als Reaktion auf Corona-Ausbrüche in der ersten Welle der Pandemie
etwa beim Marktführer Tönnies hatte die Bundesregierung Werkverträge

in der Fleischindustrie verboten. Dieses Verbot gilt seit
Jahresbeginn. Zudem investierten Unternehmen in Hygienevorkehrungen.
Allerdings müsse sich die Wohnsituation der vorwiegend aus Osteuropa
stammenden Beschäftigten noch deutlich verbessern, mahnte bereits im
April die DGB-Beratungsstelle «Faire Mobilität» in Dortmund.