Geimpft, genesen - Wiesn? Festleiter will Oktoberfest 2022 Von Sabine Dobel, dpa

Zum zweiten Mal in Folge heißt es in München auf der Theresienwiese
im Herbst: Corona-Testzelt statt Wiesn-Festzelt. Ein Alkoholverbot
wie 2020 soll es auf dem Festgelände aber nicht geben. Und nächstes
Jahr könnte das Bier endlich wieder in Strömen fließen.

München (dpa) - Nach zwei Jahren ohne Oktoberfest soll es 2022 in
München wieder heißen: «Ozapft is». «Nächstes Jahr wird es die
echte
Wiesn geben», verspricht der Wiesnchef und Wirtschaftsreferent
Clemens Baumgärtner (CSU). «Nächstes Jahr sehen wir uns wieder live
auf der Wiesn.» Dafür laufen Planungen, wie Baumgärtner der Deutschen

Presse-Agentur sagte. Voraussetzung sei, dass nicht Bundes- oder
Landesregelungen dagegen stehen. Sicherheit habe oberste Priorität.

Er halte es tendenziell für möglich, dass das Fest mit Geimpften und
Genesenen gefeiert werden könne, sagt Baumgärtner - eventuell mit
zusätzlichen Tests für beide Gruppen, da auch sie das Virus tragen
könnten. «Worüber wir nachdenken, ist 2G und zusätzliche Tests. Uns
er
Ziel ist es, eine sichere Veranstaltung hinzustellen. Wir wollen,
dass sich Besucher weltweit darauf einstellen können - schon jetzt.»

Dieses Jahr bleibt die Theresienwiese am Samstag zum ursprünglichen
Wiesnstart leer. Statt Festzelten stehen dort Corona-Testzelte. Ein
Alkoholverbot wie 2020 soll dort aber nicht gelten. Es gebe eine
signifikant hohe Impfquote, zudem setze er auf die Vernunft der
Leute. «Wir haben das Vertrauen, dass diejenigen, die sich trotzdem
auf der Wiesn einfinden, das unter Einhaltung der Hygienevorschriften
tun. Wir haben keine Anhaltspunkte, dass da ein Massenphänomen
stattfindet», sagt Baumgärtner. Das Gelände sei eine öffentliche
Grünfläche. «Die kann im Rahmen der Vorschriften jeder nutzen, wie er

will. Es darf auf der Theresienwiese auch Bier getrunken werden.»

Ein «Prosit», teils mit originalem Wiesnbier, das die Brauereien
trotz der Absage des Fests gebraut haben, soll es in Münchner
Gaststätten geben. Gut 50 Innenstadt- und Wiesnwirte laden von
Samstag an für die ursprünglich geplante Wiesnzeit bis 3. Oktober zur
Wirtshauswiesn. Die Wiesn sei kein Ort oder eine Veranstaltung,
sondern vor allem Lebensgefühl, werben sie für die Kneipenversion.

Der Münchner Alt-Oberbürgermeister und Ex-Anzapfkönig Christian Ude
(SPD) wird um 12.00 Uhr im Schiller Bräu ein Fass anstechen, teilen
die Wirtinnen mit. Ein nostalgischer Akt: Ude hatte als erster OB auf
der Wiesn 2005 das 200-Liter-Fass mit nur zwei Schlägen angezapft.

Das Anzapf-Zeremoniell, mit dem normalerweise der amtierende
Oberbürgermeister im Schottenhamel-Zelt das Fest mit dem Ruf «Ozapft
is» eröffnet, wird nun in verschiedenen Gaststätten unterschiedlich
zelebriert. Während im «Platzl» ganz traditionell der Chef des Hauses

und Sprecher der Wiesnwirte, Peter Inselkammer, das erste Fass
ansticht, schwingt ein paar Schritte weiter im Hofbräuhaus das
Wiesnplaymate 2021 Vanessa Teske den Schlegel.

Bei Stange halten sollen Fans auch virtuelle Wiesnführungen. Dabei
geht es online über die Theresienwiese. «Es ist ein eingeschränktes
Erlebnis, aber es ist ein Erlebnis», sagt Baumgärtner. «Die Wiesn
lebt im zweiten Pandemiejahr in den Herzen ihrer Fans.»

Auch die Lufthansa hat das Oktoberfest nicht vergessen. Die
Trachtencrew schlüpft für einige Dutzend Flüge in Deutschland, Europa

und in den USA in Dirndl und Lederhose - als Hommage an das Fest.

Für die Chance auf eine echte Wiesn 2022 führt Baumgärtner auch die
Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) an. Die Menschen hätten
die Maßnahmen akzeptiert und etwa Tests oder Impfnachweise
hochgeladen. «Es wurden deutlich mehr praktische Erfahrungen
gesammelt, was man den Menschen zumuten kann und wie eine
Großveranstaltung wirtschaftlich, technisch und logistisch
durchführbar ist.» Allerdings wurde auf der IAA nicht im großen Stil

Alkohol konsumiert, es galten Abstandsregeln.

Abstand halten ist im Bierzelt mit feiernden Massen kaum möglich.
Wiesnwirte bleiben mit Aussagen über ein Oktoberfest 2022 vorerst
zurückhaltend. Auch Mediziner hatten sich zuletzt vorsichtig
geäußert. Der Pandemiebeauftragte des Klinikums rechts der Isar der
Technischen Universität München, Christoph Spinner, sagte im August,
er wolle noch keine Prognose abgeben. Die Entwicklung der Pandemie
und von besorgniserregenden Virusvarianten, der Impffortschritt und
viele Faktoren mehr spielten eine Rolle in der Risikobetrachtung.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte Medien zufolge im Juni
gesagt, er wolle eine Wiesn 2022. Mit Fachleuten solle ein Konzept
erstellt werden. Schließlich wolle er das Anzapfen nicht verlernen.