Prozess um zwei brutale Frauenmorde - Hohe Strafe gefordert Von Karen Katzke, dpa

An einer Verurteilung im Kieler Prozess um zwei Frauenmorde in
Rendsburg bestehen kaum Zweifel. Und das, obwohl der Angeklagte im
Saal viel schwieg und ansonsten vieles bestritt. Am Donnerstag fällt
der Richterspruch.

Kiel (dpa/lno) - Der hagere Mann in der typischen
Haftanstaltskleidung - grünes Sweatshirt und Jeans - wirkte vor dem
Kieler Landgericht in dem Doppelmordprozess unscheinbar und schwieg.
Doch Frauen, die er laut Beweisaufnahme in Foren für Fußfetischisten
im Internet kontaktierte, zeigte er ein anderes Gesicht: Als
«Gebieter» verlangte er von den «Sklavenschulmädchen» völlige
Unterwürfigkeit und forderte brutale Sexpraktiken. Sie sollten
Hilfsmittel für lebensgefährliche Fesselungs- und
Drosselungsszenarien mitbringen, vor allem Nylons und Füßlinge.

Für zwei Frauen endete der Kontakt mit ihm tödlich, davon sind
Staatsanwältin und Nebenklage überzeugt. Wenn das Gericht den
Strafanträgen folgt - lebenslang, besondere Schwere der Schuld und
Sicherungsverwahrung -, könnte der Angeklagte nie mehr freikommen.
Das Gericht verkündet das Urteil am Donnerstag (ab 14.15 Uhr).

Beide Frauen starben laut Anklage durch qualvollen
sadomasochistischen Sex. Der 41-Jährige habe beide Opfer misshandelt
und mit Nylons gefesselt, bevor er ihnen Plastiktüten über den Kopf
gestülpt und diese zugezogen habe. Die Taten soll der Vater mehrerer
Söhne «zur Befriedigung des Geschlechtstriebes, aus Habgier und
heimtückisch» begangen haben.

Zunächst tötete er den Ermittlern zufolge im August 2018 eine
26-Jährige aus Geesthacht in der Rendsburger Wohnung seiner damaligen
Verlobten - während diese zur Arbeit war. Die Leiche des als vermisst
gemeldeten Opfers wurde trotz einer Hausdurchsuchung aber durch eine
Panne der Polizei erst zwei Jahre später auf dem Dachboden entdeckt.

Für die Nebenklage ein verhängnisvoller Fehler: Der angeklagte zweite
Mord an einer 40-Jährigen im September 2020 hätte womöglich
verhindert werden können, beklagen sie. In diesem Fall wurde der
Angeklagte als letzter Freier ermittelt. Ein Freund der Frau hatte
deren Leiche in ihrer Rendsburger Wohnung gefunden. Er fand auch den
Chihuahua des Opfers. Das Tier war im Bad eingesperrt worden und
kläffte hilflos.

Vor Gericht schwieg der mutmaßliche Doppelmörder. Einer Gutachterin
sagte er, «er habe nichts gemacht. Es sei alles nicht wahr, er sei
völlig zu Unrecht in Haft», berichtete die Expertin. Seine DNA-Spuren
am Tatort könne er sich nicht erklären, auch nicht, wie eine der
beiden Leichen auf seinen Dachboden gekommen sei. Aktenkundige
Vorwürfe aus seiner Jugendzeit, wie sexuelle Übergriffe auf Mädchen
und den Überfall auf eine Nachbarin, wies der Angeklagte demnach
zurück und verschwieg eine frühe Inhaftierung.

Sex-Hotlines habe er «nicht genutzt», sagte er nach Angaben der
Gutachterin. Die aufgelaufenen Kosten dafür? «Fehler im System.»
Pornographische Bilder auf seinem Rechner? Er wisse nicht, wie die
dahin gekommen seien. Auch Kontakte zu Prostituierten,
sadomasochistische Sex-Praktiken sowie eine Vorliebe für Nylons
bestritt er, obwohl ausgewertete Handy-Daten, Chatverläufe und
Zeugenaussagen ein völlig anderes Bild ergaben.

So habe er auch mit der getöteten 40-Jährigen über Sex-Praktiken und

Fesselungen gechattet, die dem Mord sehr ähnelten, sagte eine
Polizistin. Eine 38-Jährige aus Brandenburg, die mit dem Mann in
einem Portal für Fußfetischisten Kontakt hatte, schilderte, er habe
brutale Fesselungs- und Strangulierungspraktiken eingefordert und
gefragt, «ob mir klar sei, dass das schon an Mord grenze, was er mit
mir machen wolle».

Laut psychiatrischer Gutachterin ist der Angeklagte voll schuldfähig
und gefährlich. Der 41-Jährige hatte nach ihren Angaben immer wieder
heftig geweint, aber auch aggressiv reagiert, wenn sie nachfragte und
ihn auf Widersprüche hingewiesen habe.

Auch im Gerichtssaal weinte der ansonsten emotionslos wirkende Mann
und schnäuzte sich die Nase, etwa wenn die Sprache auf seine Eltern
und den strengen Vater kam, seine inzwischen geschiedene Frau und die
Kinder oder seine damalige Verlobte. Mitgefühl mit den Opfern ließ er
nicht erkennen, auch nicht mit seinem ältesten Sohn, den er mal so
geschlagen haben soll, dass das Kind zum Arzt musste. Wegen
Rückfallgefahr riet die Gutachterin zur Sicherungsverwahrung.

Der Verteidiger beantragte eine «zeitige» Freiheitsstrafe, das hieße

maximal 15 Jahre. Die konkrete Höhe ließ er offen und plädierte auf
Unterbringung in der Psychiatrie.