Nach der Flut suchen immer mehr Betroffene psychologische Hilfe

Düsseldorf/Ahrweiler (dpa/lrs) - Zwei Monate nach der verheerenden
Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen suchen
immer mehr Betroffene psychologische Hilfe. «Das kommt nicht
unerwartet, weil die psychische Verarbeitung zunächst mit einer Phase
des Gegen-Agierens beginnt, die hier sicherlich auch sinnvoll und
hilfreich war», sagte der Vorsitzende des Deutschen Psychotherapeuten
Netzwerks (DPNW), Dieter Adler. «Dann kommt die Verzweiflung mit der
Ohnmacht.»

Das Netzwerk stellte kurz nach der Flutkatastrophe 100 Therapieplätze
für die Akutbehandlung zur Verfügung und richtete ehrenamtlich
Telefonsprechstunden ein. «Unmittelbar nach der Flut war es zunächst
sehr still. Jetzt steigen die Anfragen an.»

Nach massivem Starkregen waren Mitte Juli in Sauerland, Eifel und
insbesondere im Ahrtal zahlreiche Ortschaften überflutet worden.
Alleine in Rheinland-Pfalz starben 134 Menschen bei der
Hochwasserkatastrophe, bundesweit wurden 183 Opfer gezählt.

In der Traumaambulanz der Uniklinik Köln für Kinder und Jugendliche
ist die Angst ein großes Thema unter den Flut-Patienten. Es sei
typisch bei Krisensituationen wie etwa bei dem Hochwasser, dass sich
Betroffene erst nach einiger Zeit melden, sagte die Leiterin der
Spezialambulanz für Traumatisierung, Maya Krischer. «In der Regel
sind Traumasymptome nicht sofort da.» Sie rechnet bis zum Ende des
Jahres mit einer steigenden Zahl von Anfragen.

Zunächst kümmerten sich viele Menschen um faktische Themen - zum
Beispiel das eigene Hab und Gut und die Aufräumarbeiten -, ehe sie
die Ereignisse reflektierten. Ängste, Schlafstörungen, wiederkehrende
und quälende Erinnerungen könnten die Folge sein. «Man beginnt keine

traumaspezifische Behandlung, solange keine Sicherheit da ist», sagte
Krischer.

So werde etwa ein Mädchen behandelt, das extreme Angst habe, in das
eigene Haus zurückzukehren - weil es während des Hochwassers langsam
überflutete. Deshalb möchte die Familie jetzt umziehen. Eine andere
Patientin prüfe jeden Tag 20 Mal die Wetter-App, ob es regnen wird.
Ein weiteres Kind wolle nicht mehr bei Regen vor die Tür gehen. Dies
alles seien von der Naturkatastrophe geprägte Symptome.