NRW stellt Quarantäne-Entschädigungen für Ungeimpfte ein

NRW erhöht den Druck auf Ungeimpfte. Wer in Quarantäne muss, für den

gleicht das Land nicht mehr einen möglichen Verdienstausfall aus. Das
finden die einen gefährliche Holzhammermethode, die anderen eine
richtige Entscheidung. Für das Land geht es um Millionen.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Für Verdienstausfälle bei Quarantäne zahlt d
as
bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen demnächst in der
Regel keine Entschädigungen mehr an Ungeimpfte. Das Land werde
entsprechend des bundesweiten Infektionsschutzgesetzes zum 11.
Oktober die bisherige Regelung für Ungeimpfte auslaufen lassen,
teilte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Freitag in
Düsseldorf mit. Zuvor hatte der CDU-Politiker schon davon gesprochen,
dass es für Ungeimpfte in Quarantäne keine «Lohnfortzahlung» mehr
geben sollte. Das Vorhaben rief Kritik von Patientenschützern und
Gewerkschaften hervor. Unternehmerverbände gaben Laumann recht.

«Wer sich also die Freiheit herausnimmt, sich nicht impfen zu lassen,
obwohl medizinisch nichts dagegen spricht, steht für die Folgen
seiner Entscheidung selbst ein - nicht der Arbeitgeber, nicht die
Solidargemeinschaft», sagte Laumann. Ebenso sei klar: Wer sich wegen
gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder Schwangerschaft nicht impfen
lassen könne, erhalte weiter Unterstützung. Einen
Entschädigungsanspruch hätten weiterhin auch Genesene und Geimpfte,
die wegen so genannten Impfdurchbrüchen oder Neuerkrankungen in
Quarantäne müssten. Seinen Kurswechsel begründete Laumann damit, dass

mittlerweile ein flächendeckendes Impfangebot zur Verfügung stehe.

Die Stiftung Patientenschutz sprach von einer «Holzhammermethode».
«Das eignet sich fürs Festzelt und den Stammtisch und nicht für ein
so hochsensibles Thema», sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Er
befürchtet, dass Betroffene trotzdem zum Arbeitsplatz gehen, um nicht
das Risiko tragen zu müssen, 14 Tage auf Lohn zu verzichten. Gerade
in der Altenpflege könnten solche Schritte die fatale Wirkung haben,
dass noch mehr Arbeitnehmer ihren Job aufgeben. «Eine
Holzhammermethode ist in der Impfkampagne hochgefährlich.»

Die DGB-Landesvorsitzende Anja Weber hält das Vorhaben ebenfalls für
falsch. Laumanns Anliegen sei zwar nachvollziehbar. «Seine
Entscheidung, die Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte
auslaufen zu lassen, führt dennoch ins Leere: Damit werden die
Konflikte in die Betriebe verlagert, nicht aber die Impfquote
gesteigert.» Anstatt auf mehr Druck sollte die Regierung auf
Überzeugungsarbeit und mobile Impfangebote setzen.

Von den Unternehmensverbände hingegen kam Lob. Wer sich gegen eine
Impfung entscheide, müsse mit Einschränkungen rechnen. «Das gilt auch

für den Arbeitsplatz», erklärte Hauptgeschäftsführer Johannes
Pöttering. Arbeitgeber dürften keine einseitigen Nachteile haben,
weil sich Beschäftigte nicht impfen ließen. «Wer nicht geimpft ist,
deswegen in Quarantäne muss und daher seine Arbeit nicht machen kann,
kann weder von der Allgemeinheit noch vom Arbeitgeber eine
Weiterzahlung seiner Vergütung verlangen.»

Bisher zahlen Arbeitgeber im Quarantänefall den Lohn fort und können
sich den Betrag dann von den kommunalen Landschaftsverbänden
erstatten lassen. Nach Ministeriumsangaben wurden in NRW bislang rund
120 Millionen Euro für Entschädigung des Verdienstausfalls in
Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten Quarantäne ausgegeben.