Stiko für Corona-Impfung von Schwangeren und Stillenden

Über Monate zögerte die Stiko. Jetzt empfiehlt sie Schwangeren
generell, sich gegen Corona immunisieren zu lassen. Ausschlaggebend
für den Schritt sind neue Daten.

Berlin (dpa) - Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat sich generell
für eine Corona-Impfung von Schwangeren und Stillenden ausgesprochen.
«Nach eingehender Beratung und Bewertung der vorhandenen Evidenz»
empfehle die Stiko eine Impfung für Schwangere ab dem zweiten
Schwangerschaftsdrittel und für Stillende mit zwei Dosen eines
mRNA-Impfstoffs, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag
mit. Bislang war eine Impfung nur für Schwangere mit besonderem
Risiko empfohlen.

Der Beschlussentwurf der Empfehlung muss nun noch in ein sogenanntes
Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und beteiligten
Fachkreisen. Die endgültige Empfehlung der Stiko soll zeitnah
veröffentlicht werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Freitag: «Auch
schwangere und stillende Frauen haben nun eine klare Empfehlung zur
Impfung. Das bedeutet nach vielen Monaten mit vielen offenen Fragen
nun endlich wissenschaftlich begründete Gewissheit.» Er wandte sich
mit einem dringenden Appell an schwangere und stillende Frauen:
«Fragen Sie Ihren Arzt. Lassen Sie sich impfen. Sie schützen sich und
Ihr Kind.»

Auch alle Frauen im gebärfähigen Alter sollten sich laut Stiko impfen
lassen, «damit bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft ein sehr
guter Schutz vor dieser Erkrankung besteht».

Hintergrund der neuen Impf-Empfehlung sind der Stiko zufolge neue
Erkenntnisse aus den letzten Wochen. Demnach sei eine Schwangerschaft
an sich ein unabhängiger Risikofaktor für einen schweren Verlauf
einer Corona-Infektion. Zusätzlich hätten Sicherheitsdaten zur
Impfung für Frauen in der Schwangerschaft keine Hinweise geliefert,
dass unerwünschte schwere Komplikationen zu erwarten seien.

Mario Rüdiger, Leiter des Fachbereiches Neonatologie und Pädiatrische
Intensivmedizin am Universitätsklinikum Dresden, sagte am Freitag:
«Das eine ist, dass die Schwangeren jetzt nicht ausgeschlossen
werden, von einer Impfung zu profitieren. Das zweite ist, dass sie
auch davon profitieren können, weil sie im Vergleich zu gleichalten
Frauen doch ein höheres Risiko haben, schwerer zu erkranken. Und der
dritte Punkt ist: Sie können auch etwas für ihr ungeborenes oder
neugeborenes Kind leisten, ihm Schutz anbieten, sodass auch das
Neugeborene nicht mehr gefährdet ist.»

In der bislang geltenden Impfempfehlung spricht sich die Stiko noch
nicht für eine generelle Impfung in der Schwangerschaft aus.
Zufällige Impfungen von Schwangeren, etwa wenn diese noch nicht
wüssten, dass sie ein Baby erwarten, seien aber «keine Indikation für

einen Schwangerschaftsabbruch», heißt es.

Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge hat die Stiko in den
vergangenen Wochen die vorliegenden Daten zu einer Corona-Impfung in
der Schwangerschaft einer Nutzen-Risiko-Bewertung unterzogen. Dabei
geht es sowohl um Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe für
Schwangere und ungeborene Kinder, als auch um einen möglichen
schweren Verlauf einer Corona-Erkrankung in der Schwangerschaft.

Ärzte konnten auch bislang schon Schwangere impfen, die
Stiko-Empfehlung schloss aber bisher nur Schwangere mit
Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine
schwere Corona-Erkrankung oder mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko
aufgrund ihrer Lebensumstände ein.

Die Stiko ist ein unabhängiges Gremium. Sie entwickelt
Impfempfehlungen und blickt dabei auf den Nutzen für den Einzelnen
und die gesamte Bevölkerung. Die Experten werten dafür internationale
Daten und Studien aus. Die Empfehlungen gelten als medizinischer
Standard, wie es auf der Stiko-Webseite heißt.