Minister Tiefensee stößt Diskussion über «2G plus»-Modell an

Hamburg hat ein 2G-Optionsmodell eingeführt, bei dem Unternehmen
teils auf Corona-Beschränkungen für ihre Besucher verzichten könnten.

Das Thüringer Wirtschaftsministerium begrüßt den Vorstoß - und das

Gesundheitsministerium ist sogar schon einen Schritt weiter.

Erfurt (dpa/th) - Obwohl die Interessenvertreter des Hotel- und
Gaststättengewerbes in Thüringen skeptisch auf das 2G-Optionsmodell
in Hamburg reagiert hatten, kann sich Wirtschaftsminister Wolfgang
Tiefensee (SPD) eine ähnliche Lösung auch im Freistaat vorstellen.
Gastronomiebetriebe und die Veranstaltungsbranche bräuchten klare
Regeln und die Gewissheit, dass sie auch bei künftig höheren
Corona-Warnstufen Menschen empfangen dürften, sagte Tiefensee der
Deutschen Presse-Agentur.

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) sagte, ihr Haus
prüfe entsprechende Überlegungen gerade. Es sei möglich, dass ein
solches Modell schon mit der nächsten Anpassung der Thüringer
Corona-Infektionsschutzverordnung eingeführt werde. Die aktuell
geltende Verordnung läuft noch bis Ende September.

Beim sogenannten 2G-Optionsmodell in Hamburg dürfen etwa Gaststätten
oder Clubs sich dafür entscheiden, nur noch Menschen hereinzulassen,
die gegen Covid-19 geimpft oder von der Krankheit genesen sind. In
diesem Fall müssen zahlreiche Corona-Auflagen nicht mehr erfüllt
werden. In Restaurants können dann beispielsweise wieder mehr Tische
mit Gästen besetzt werden, gleiches gilt in Kinos und Theatern.

Ein 2G-Modell sei grundsätzlich zu begrüßen, so Tiefensee. Allerdings

gebe es noch viele offene Fragen. «Der Hamburger Vorschlag muss daher
sorgfältig noch einmal auf solche Fragen geprüft und dabei auch mit
den Interessensverbänden und Kammern, aber insbesondere auch mit dem
Gesundheitsministerium und dem Kabinett abgestimmt werden», sagte der
Minister.

Zu den offenen Fragen gehöre, ob bei der 2G-Regel auch Menschen
Zutritt zu den entsprechenden Angeboten bekommen könnten, die sich
nicht impfen lassen können, wie etwa Kinder oder Schwerstkranke.
Außerdem müsse berücksichtigt werden, ob die sozialen Kontakte in den

Restaurants, Cafés, Theatern, Kinos und ähnlichen Einrichtungen in
geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel stattfinden, sagte
Tiefensee. «Das kann man nicht gleichsetzen.»

Während in Innenräumen vielleicht 2G gelten müsse, komme draußen 3G

zur Anwendung. Daher müsse man wohl eher über ein Modell «2G plus»

sprechen, bei dem auch PCR-Tests eine Rolle spielen könnten. Ein
solches Modell «2G plus» könnte vor allem bei höheren
Corona-Warnstufen attraktiv für Gastronomen und Veranstalter werden.

Wichtig ist aus Sicht des Wirtschaftsministeriums auch, dass
Unternehmen auch bei steigender Corona-Inzidenz die Wahl haben
müssten, ob sie nur Geimpften und Genesenen - also nach der 2G-Regel
- oder zusätzlich auch Getesteten - also nach der 3G-Regel - Zugang
gewähren. «Betriebe, die sich gegen ein 2G-Modell entscheiden, dürfen

dadurch keinen Nachteil haben.»

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte bei der
Präsentation des Modells gesagt: «Beschränkungen müssen
verhältnismäßig sein und dürfen nur so lange erfolgen, wie sie zur

Pandemiebekämpfung nötig sind.» Nach Einschätzung des Robert
Koch-Instituts spielen Geimpfte und Genesene für das
Corona-Infektionsgeschehen keine gesamtgesellschaftlich relevante
Rolle mehr.

Unter anderem der Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbandes in Thüringen, Dirk Ellinger, hatte zur
Einführung des Modells in Hamburg Bedenken geäußert. Er fürchte, da
ss
es zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen seiner Branche führe
und deshalb verfassungsrechtlich nicht zulässig sei. Immerhin würden
die Unternehmen dann unterschiedliche Auflagen erfüllen müssen, hatte
er gesagt.

Gesundheitsministerin Werner sagte, im Zuge der 2G-Modell-Prüfungen
in ihrem Haus würden auch Studien zum Corona-Ansteckungsrisiko von
Geimpften genauer betrachtet. «Eine Reihe von Studien zeigt, dass von
geimpften Infizierten zumindest ein geringeres Ansteckungsrisiko
ausgeht als von ungeimpften Infizierten», sagte Werner. Allerdings
lasse sich bisher nicht präzise bestimmen, wie stark sich dieses
Risiko unterscheide. An dieser Frage hänge aber zum Beispiel die
Entscheidung darüber, inwieweit etwa bei 2G-Veranstaltungen auch
weiterhin eine Maske getragen werden müsse.