Studie: Distanzunterricht unergiebig - Debatte über Einschränkungen

Gesundheitsminister Spahn erntet Widerspruch für seine Aussage, dass
auch im kommenden Schuljahr Wechselunterricht möglich sei. Eine
Studie stellt dem Distanzunterricht derweil miserable Noten aus.

Frankfurt/Main (dpa) - Wie verläuft der Schulstart nach den
Sommerferien? Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK),
Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), hat sich gegen
frühzeitige Festlegungen auf weitere Einschränkungen des
Regelunterrichts ausgesprochen. «Die KMK hat für Präsenzunterricht
plädiert, und das sollte nicht vorzeitig in Frage gestellt werden»,
sagte sie dem «Tagesspiegel» (Montag).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Samstag gesagt,
dass Corona-Maßnahmen in den Schulen noch längere Zeit
aufrechterhalten werden müssten. Im Herbst und Winter würden trotz
derzeit sehr niedriger Inzidenzen voraussichtlich nach wie vor
Maßnahmen wie Maskenpflicht oder auch Wechselunterricht notwendig
sein.

Eine Studie hat dem Distanzunterricht während der Corona-Krise
unterdessen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Forscher der
Frankfurter Goethe-Universität haben sich dafür Daten aus aller Welt
angesehen - das Ergebnis ist ernüchternd: «Die durchschnittliche
Kompetenzentwicklung während der Schulschließungen im Frühjahr 2020
ist als Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen zu bezeichnen und
liegt damit im Bereich der Effekte von Sommerferien», erklärte Prof.
Andreas Frey, der an der Goethe-Universität Pädagogische Psychologie
lehrt, einer der Autoren der Studie.

Für die Studie hatten Forscherinnen und Forscher in einem
systematischen Review mit wissenschaftlichen Datenbanken weltweit
jene Studien identifiziert, die über die Auswirkungen der
coronabedingten Schulschließungen auf die Leistungen und Kompetenzen
von Schülerinnen und Schülern berichteten. «Wir haben nur
forschungsmethodisch hochwertige Publikationen berücksichtigt, die
eindeutige Rückschlüsse auf die Wirkung coronabedingter
Schulschließungen auf den Kompetenzerwerb von Schülerinnen und
Schülern erlauben und geeignete Tests zur Leistungs- oder
Kompetenzmessung einsetzten», erklärte Frey.

Besonders stark seien Kompetenzeinbußen bei Kindern und Jugendlichen
aus sozial schwachen Elternhäusern. «Hiermit sind die bisherigen
Vermutungen durch empirische Evidenz belegt: Die Schere zwischen Arm
und Reich hat sich während der ersten coronabedingten
Schulschließungen noch weiter geöffnet», schlussfolgerte Frey.
Allerdings gebe es auch erste Anhaltspunkte dafür, dass die Effekte
der späteren Schulschließungen ab Winter nicht zwangsläufig ebenso
drastisch ausfallen müssen: Inzwischen habe sich die Online-Lehre
vielerorts verbessert.