) Wieder Outdoor-Partys und Krawalle in Bayern

Schönes Wetter und geschlossene Clubs treiben die Menschen in lauen
Sommernächten auf die Straße. In Augsburg kommt es zu heftigen
Ausschreitungen. In Würzburg hat man derweil eine Idee, das Partyvolk
in geregelte Bahnen zu lenken.

München (dpa/lby) - Alkohol, Randale, fliegende Flaschen: Auch an
diesem Wochenende haben nicht nur illegale Partys, sondern
regelrechte Ausschreitungen in Bayern der Polizei wieder zu schaffen
gemacht. In Augsburg wurden Polizisten und Feiernde verletzt, als die
Beamten nach dem EM-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft gegen
Portugal eine Siegesfeier mit rund 1400 Menschen in der Innenstadt
räumten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Immer wieder wurden nach ihren Angaben Gegenstände auf Polizisten
geworfen. Weil sich die Lage nicht beruhigt habe, sei geräumt worden.
Während der Räumung seien dann über 200 Gegenstände auf die
Einsatzkräfte geflogen, darunter auch viele Glasflaschen. Ein
Rettungswagen wurde von einer Flasche getroffen; die Frontscheibe des
Fahrzeugs wurde dabei beschädigt. 

Ein Mann, der am Boden fixiert werden sollte, trat einem Beamten mit
dem Fuß ins Gesicht. Der Polizist erlitt dem Sprecher zufolge dabei
eine Schwellung am Auge. Eine Polizistin sei sexuell belästigt
worden, als sie die Personalien eines Mannes feststellen wollte. Eine
unbeteiligte junge Frau sei von einer Flasche getroffen und leicht
verletzt worden. Mindestens ein Flaschenwerfer wurde vorläufig
festgenommen.

Augsburges Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) zeigte sich laut
Mitteilung vom Sonntagabend «entsetzt über die Situation, in denen
behelmte Polizisten die Maximilianstraße räumen mussten, weil es zu
Störungen von Rettungseinsätzen und zu Übergriffen auf Polizeibeamte

gekommen war und die Lage vollends zu eskalieren drohte». Es seien
aber nicht «die Jugendlichen» am Werk, die einfach mal über die
Stränge schlagen.

«Es ist vielmehr eine Minderheit, die für Gewaltszenen verantwortlich
ist, wie wir sie seit einigen Wochen auch aus anderen Städten kennen.
Diese Minderheit ... geht als Horde gezielt dorthin, wo Menschen
sind, um Unruhe zu stiften, um gegen Polizei und Ordnungsdienst
Stimmung zu machen und damit bewusst die Lage zur Eskalation zu
bringen», sagte Weber.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern zeigte sich
entsetzt. Der Landesvorsitzende Peter Pytlik sprach am Sonntag von
«massiven Ausschreitungen». Es gebe «vielfältige Gründe, die zu
diesen Gewaltausbrüchen führten», sagte er. «Die wiedergewonnene
Freiheit, die pandemiebedingte lange Feier-Abstinenz, kombiniert mit
übermäßigem Alkoholkonsum und nicht zuletzt die übertriebene
emotionale Reaktion auf den Sieg der deutschen Mannschaft.» Pytlik
forderte Konsequenzen: «Wer Polizistinnen und Polizisten, Rettungs-
oder andere Hilfskräfte attackiert, muss die ganze Härte des
Rechtsstaats spüren.»

Das Phänomen der ausufernden und in Gewalt umschlagenden Feierei sei
neu. «Solche Handlungsmuster als Folge gruppendynamischer Prozesse,
wie in den letzten Wochen feststellbar, gab es in dieser Form bisher
nicht beziehungsweise nur äußerst selten», erklärte der GdP-Chef.
«Offensichtlich haben einige junge Menschen den Realitätsbezug
zwischen virtuellem Spielen und realem Handeln verloren.»

Auch in München flogen Flaschen, als die Polizei Straßen im
Uni-Viertel nach dem Fußballspiel in der Nacht zu Sonntag räumte. Und
das war nicht der einzige Vorfall in der Landeshauptstadt am
Wochenende: In der Nacht zum Samstag bereits wurde dort eine
Ansammlung von Hunderten feiernden Menschen aufgelöst. 700 bis 1000
Feiernde seien im Stadtteil Maxvorstadt unterwegs gewesen, sagte ein
Polizeisprecher.

Anwohner meldeten sich wegen Ruhestörung und beklagten sich über
Wildpinkler. Die Türkenstraße im Stadtteil Maxvorstadt war den
Angaben zufolge durch die Ansammlung komplett blockiert. Ein
Durchkommen war demnach für Autos nicht mehr möglich.

Mit Lautsprecherdurchsagen räumte die Polizei in den frühen
Morgenstunden die Straße. Es blieb friedlich, sagte der
Polizeisprecher. Allerdings hinterließen die Feiernden laut Polizei
viel Müll. Die Straßenreinigung rückte noch in der Nacht aus.

Noch größer war die Menschenmenge an einem Baggersee in der
Oberpfalz. In Sengenthal (Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz)
feierten nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen das Abitur. Die
Polizei sprach von «unerwartet vielen Personen» die sich an dem See
zusammengefunden hätten, größere Zwischenfälle habe es aber nicht
gegeben. Ob und in welchem Umfang jedoch im Einzelnen gegen die
Corona-Regeln verstoßen worden sei, konnten die Beamten in Anbetracht
der großen Menge nicht genau überblicken, wie es hieß. Gegen
Mitternacht löste sich die Gruppe den Angaben zufolge nach und nach
von selbst auf.

Angesichts dieser nächtlichen Outdoor-Partys forderte der Bayerische
Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) erneut die Öffnung von Clubs
und Diskotheken. Aus seiner Sicht würde die Öffnung von Clubs «sofo
rt
Entspannung schaffen und für mehr Sicherheit sorgen und zudem die
Akzeptanz anderer Maßnahmen erhöhen».

Um das Partyvolk in kommenden Sommernächten in geregelte Bahnen zu
lenken, hat die Stadt Würzburg sich etwas anderes ausgedacht: Weil
immer mehr Menschen bei sommerlichen Temperaturen und geschlossenen
Clubs draußen feiern, ist dort eine Outdoor-Tanzfläche geplant. «Wir

müssen den Menschen mal wieder eine Tanzfläche bieten», sagte der
Leiter des Fachbereichs Allgemeine Bürgerdienste, Uwe Zimmermann, der
«Main Post».

Ein entsprechendes Konzept, das dem Gesundheitsamt und dem
Ministerium zur Genehmigung vorgelegt werden solle, sehe einen
Biergarten vor - ergänzt «durch eine Tanzfläche im Freien».

«Organisatorisch soll das als eine Art Schachbrett realisiert werden.
Mit aufgesprühter Kreide zeigen wir den Feiernden ihre Tanzfläche,
und zwar ein Quadratmeter für eine Person», sagte Zimmermann der
Zeitung. «Außerdem haben nur Getestete, vollständig Geimpfte oder
Genesene Zutritt.»