Verband: Viele Apotheken wollen Testangebot zurückfahren

Im Internet war die Suche nach einem baldigen Termin mühsam, und wer

spontan zu einer Teststation ging, stand in einer langen Schlange:
Noch vor einigen Wochen war der Andrang groß an
Corona-Schnelltestzentren. Doch inzwischen hat sich das geändert.

Berlin (dpa) - Wegen sinkender Nachfrage nach Corona-Tests wollen
Deutschlands Apotheken ihr Angebot einschränken. Weil die Zahl der
vollständig Geimpften zunehme und Infektionsschutzregeln gelockert
worden seien, nehme der Bedarf an Tests ab, sagte ein Sprecher des
Apothekerverbandes Abda in Berlin. Zudem wies er darauf hin, dass der
Bund weniger zahle als zuvor. «Für eine ganze Reihe von Apotheken ist
die Durchführung der Tests damit nicht mehr wirtschaftlich.» Das
Testangebot werde deshalb wohl Schritt für Schritt kleiner werden.
Die Apotheken gehören neben privaten Firmen und staatlichen
Institutionen zu den wichtigsten Teststellen-Betreibern.

Nach Abda-Schätzung bieten etwa 20 bis 25 Prozent der Apotheken
sogenannte Bürgertests an - also Schnelltests, die für die
Verbraucher kostenlos sind und vom Bund bezahlt werden. Ursprünglich
bekamen die Apotheken wie alle anderen Anbieter bis zu 18 Euro pro
vorgenommenem Antigentest, nun zahlt der Bund nur noch bis zu
12,50 Euro. In der Corona-Pandemie waren Tests im Frühjahr ein
Schlüssel dafür, dass Menschen mit einem negativen Ergebnis
Restaurants oder Läden besuchen konnten. Allerdings sind die
Infektionszahlen inzwischen so niedrig, dass Lockerungen greifen und
der Gastronomiebesuch oder Einkauf auch ohne Testergebnis erlaubt
ist. Hinzu kommt, dass vollständig Geimpfte von Testvorgaben
ausgenommen sind.

Wie stark die Nachfrage sinkt, verdeutlichen Zahlen des
NRW-Gesundheitsministeriums. Am Donnerstag (17. Juni) kam es in
dem Bundesland zu 306 000 Antigen-Schnelltests über die Teststellen.
Von denen waren 216 positiv - ein Anteil von 0,07 Prozent. Eine Woche
zuvor waren es noch 498 000 Tests an einem Tag (positiv:
0,08 Prozent), einen Monat zuvor 594 000 (positiv: 0,23 Prozent). Die
Zahl der Teststellen lag in NRW zuletzt stabil bei 9236 - zukünftig
wird sie wohl sinken.

Zu den privaten Anbietern gehört unter anderem CoviMedical aus dem
hessischen Dillenburg. Neben Antigentests bietet das Ende 2020
gegründete Unternehmen auch PCR-Tests an. Die Firma hat nach eigenen
Angaben 1500 Beschäftigte, die fast alle aus der von der Pandemie
besonders hart getroffenen Veranstaltungsbranche kommen. Das
Unternehmen betont, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. «Deshalb
sind wir überzeugt, dass wir trotz höherer Impfraten auch in den
nächsten Monaten noch flächendeckende Tests brauchen werden, um die
Sicherheit zum Beispiel bei Veranstaltungen oder Reisen zu
gewährleisten.»

Der Anbieter Centogene aus Rostock setzt nicht auf Antigentests,
sondern auf PCR-Tests - zum Beispiel an Flughäfen. Die Nachfrage sei
aktuell zwar gesunken, sagt Vorstandsmitglied Volkmar Weckesser.
«Aber wir rechnen damit, dass sie jetzt in der wieder einsetzenden
Reisetätigkeit der Menschen erneut ansteigt.» Zudem müsse man sich
auf steigende Infektionszahlen im Herbst einstellen.

Der Verband der Diagnostica-Industrie, der Hersteller von Tests
vertritt, geht davon aus, dass im Sommer die Nachfrage nach den
Antigen-Tests in den Testzentren deutlich sinken wird. Die Hersteller
werden sich «auf einen dauerhaft sinkenden Bedarf natürlich
einstellen», so eine Verbandssprecherin. Man arbeite aber an Tests,
die sowohl eine Grippe (Influenza) als auch eine
Coronavirus-Erkrankung nachweisen könnten. Solche Tests könnten im
Herbst helfen, sollte es zu einer Grippewelle kommen und die Zahl der
Corona-Infektionen wieder steigen. Der Verband appelliert an die
Politik, Testkapazitäten nicht vorschnell abzubauen.

Ende Mai waren Betrugsvorwürfe gegen private Betreiber von
Testzentren in Bayern und Nordrhein-Westfalen bekannt geworden. Die
Anbieter sollen viel mehr Tests abgerechnet haben, als tatsächlich
gemacht wurden. Gegen die Verdächtigen wurden Ermittlungen der
Staatsanwaltschaften eröffnet. Als Konsequenz kündigte das
Bundesgesundheitsministerium strengere Überwachungsvorgaben an.