Razzia nach Impfung von 120 Hotel-Mitarbeitern aus Italien Von Ulf Vogler, dpa

Etliche Mitarbeiter einer italienischen Ferienanlage jetten mal eben
nach Deutschland, um sich eine Impfspritze abzuholen. Was unglaublich
klingt, ist tatsächlich passiert - und beschäftigt nun auch
Spezialermittler.

München (dpa) - Nach der Impfung von mehr als 100 Mitarbeitern einer
italienischen Ferienanlage in Deutschland hat die Staatsanwaltschaft
am Freitag mehrere Gebäude in München durchsuchen lassen. Nach
Angaben der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg besteht der
Verdacht der Unterschlagung von Impfstoff, der Bestechung und der
Bestechlichkeit im Gesundheitswesen. Es wird gegen sieben
Beschuldigte - einen Apotheker, Ärzte und einen Rechtsanwalt -
ermittelt.

Am 21. Mai waren rund 120 Mitarbeiter des Urlaubs-Ressorts Forte
Village nach München gereist, um dort geimpft zu werden. Nach einem
kurzen Aufenthalt flogen die Hotel-Beschäftigten zurück auf die Insel
Sardinien. Die Impfaktion am Münchner Flughafen sorgt seit Tagen in
Deutschland und Italien für Schlagzeilen. Insbesondere die Herkunft
des Impfstoffs hat Fragen aufgeworfen.

Den Ermittlern zufolge gibt es den Verdacht, dass sich der Apotheker
der Unterschlagung schuldig gemacht hat, indem er die Arzneimittel
zur Verfügung gestellt hat. Ein Mediziner soll die Präparate
angekauft haben, weitere Ärzte hätten bei der Impfaktion geholfen.
Der Anwalt soll den Vertrag für die Aktion entworfen haben.

Oberstaatsanwalt Matthias Held erläuterte, dass der vom Bund
eingekaufte Corona-Impfstoff nur dem berechtigten Personenkreis zur
Verfügung stehe. «Die geimpften Mitarbeiter des italienischen Hotels
waren nicht impfberechtigt und hatten daher, unabhängig von der
Impfpriorisierung, in Deutschland keinen Anspruch auf eine Impfung
gegen das Coronavirus», sagte Held.

Das italienische Unternehmen hatte zuvor mitgeteilt, dass «der
verwendete Impfstoff selbstverständlich nicht dem staatlichen
deutschen Bestand entstammt». Außerdem sei es nicht ungewöhnlich,
dass EU-Bürger in einem anderen Mitgliedsstaat geimpft würden. Bei
der Pandemiebekämpfung handele es sich um eine weltweite Aufgabe.

Sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder hatten Aufklärung verlangt. «Wir
wollen keinen Impftourismus nach Deutschland», sagte Söder. Der
CSU-Chef betonte, solche Fälle dürften sich nicht häufen. Es gebe
genug Menschen, die nach wie vor auf eine Impfung warteten. «Das muss
geklärt werden und auch mit Regeln versehen werden, dass es nicht
wieder passiert.»

Untersucht wird der Fall nun von der Zentralstelle zur Bekämpfung von
Betrug und Korruption im Gesundheitswesen. Die bei der Nürnberger
Generalstaatsanwaltschaft eingerichtete Fachstelle ist für ganz
Bayern zuständig.

Die Hotelanlage Forte Village gilt als eine exklusive Adresse. Vor
der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 absolvierte die deutsche
Nationalmannschaft dort ein Trainingslager.