Corona-Arzt Wendtner: Strukturen für Post-Covid-Patienten schaffen

Etwa zehn Prozent aller Corona-Erkrankten leiden unter Spät- und
Langzeitfolgen. Das sind allein in Bayern rund 65 000 Betroffene. Um
ihnen optimal zu helfen, müsste sich einiges ändern, findet Facharzt
Wendtner. Er hat deutschlandweit die längste Erfahrung mit Covid-19.

München (dpa/lby) - Zur Versorgung von Patienten mit
Corona-Spätfolgen müssen nach Ansicht des Infektiologen Clemens
Wendtner neue Strukturen geschaffen werden. «Die Patienten sind
glücklicherweise meist nicht mehr so krank, dass sie eine stationäre
Behandlung in der Klinik benötigen», schilderte der Chefarzt der
München Klinik Schwabing, der Anfang 2020 die ersten Corona-Patienten
in Deutschland betreut hatte. Dennoch würden sie von einer
interdisziplinären Versorgung durch verschiedene Fachleute
profitieren.

Bei Krebspatienten in einer Klinik etwa ist es inzwischen gängig,
dass Ärzte unterschiedlicher Richtungen bei Fallbesprechungen
gemeinsam die beste Therapie und Nachsorge festlegen. Außerhalb der
Kliniken seien solche Strukturen allerdings noch wenig etabliert,
erläuterte Wendtner nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei
einem Treffen mit Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Da es
sich beim Thema Post-Covid schwerpunktmäßig um ein ambulantes Angebot
handele, wären deshalb Struktur- und Finanzierungsaspekte zu klären.

Holetschek stimmte dem Experten der München Klinik den Angaben
zufolge bei einem Treffen am Mittwochabend zu, dass der aktuell hohe
Bedarf einen Ausbau und verbesserte Rahmenbedingungen für
Spezialangebote für Erkrankte mit Spät- und Langzeitfolgen erfordere.
«Wir wollen ganz praktische Projekte und Ansätze finden, wie wir
Therapien fördern und möglichst in die Regelversorgung übernehmen
können», betonte Holetschek.

Als Post-Covid-Syndrom werden Symptome bezeichnet, die länger als
zwölf Wochen nach einer Corona-Infektion andauern. Zu ihnen können
Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Erschöpfung und psychische
Beschwerden, aber auch Atem- und Herz-Kreislauf-Probleme gehören.
Experten schätzen, dass etwa zehn Prozent der Erkrankten mit
Spätfolgen zu kämpfen haben. In Bayern entspräche das derzeit rund
65 000 Betroffenen, bundesweit rund 350 000 Menschen.