Curevac-Impfstoffkandidat weniger wirksam als erhofft

Der Corona-Impfstoffkandidat der Tübinger Pharmafirma Curevac galt
lange als vielversprechend. Umso größer ist nun die Enttäuschung nach

der Bekanntgabe neuester Daten zur Wirksamkeit des potenziellen
Vakzins. An der Börse sackt die Curevac-Aktie dramatisch ab.

Tübingen (dpa) - Rückschlag für einen Hoffnungsträger der
Impfkampagne in Deutschland: Im Rennen um die Markteinführung eines
weiteren hochwirksamen Corona-Impfstoffs hat die Tübinger
Biopharmafirma Curevac einen empfindlichen Dämpfer publik gemacht.
Das Unternehmen musste am späten Mittwochabend in einer
Pflichtbörsenmitteilung einräumen, dass der eigene Impfstoffkandidat
CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von
47 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung «jeglichen Schweregrades»
erzielt habe. Damit habe er die vorgegebenen statistischen
Erfolgskriterien nicht erfüllt.

Der Curevac-Impfstoffkandidat befindet sich schon seit Dezember -
also seit rund einem halben Jahr - in der finalen und damit
zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase. Während zahlreiche
Konkurrenten ihre Vakzine längst auf den Markt gebracht haben,
sammelt Curevac nach wie vor Daten. Ob Curevac nun überhaupt absehbar
- und wenn, wann - liefern kann, bleibt vorerst unklar.

Die Bundesregierung hatte den Curevac-Impfstoff Berichten zufolge
lange für die zweite Jahreshälfte eingeplant, auf der jüngst vom
Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste der
Impfstoff-Lieferplanungen fehlte das Unternehmen aber bereits.
Zuletzt hatte die Plattform «Business Insider» berichtet, es habe
noch Ende Mai in internen Lieferprognosen der Bundesregierung
geheißen, dass von Curevac bis Jahresende eine zweistellige
Millionenmenge an Impfstoffdosen erwartet werde.

Angesichts der massiven Zeitverzögerung hatte die Firma zuletzt nicht
nur ihre Aktionäre immer wieder vertröstet. Bis Anfang Juni hatte es
geheißen, das Unternehmen erwarte - abhängig von den klinischen
Studiendaten - die Zulassung seines Impfstoffkandidaten in der EU
zumindest noch im zweiten Quartal. Doch kurz darauf wurde bekannt,
dass sich das Verfahren weiter verzögern werde. Zuletzt war darüber
spekuliert worden, der Curevac-Impfstoff könne möglicherweise im
August in der EU zugelassen werden. Auch diese Aussichten könnten
sich nach Bekanntwerden der neuen Daten erledigt haben. Die Anleger
reagierten zeitweise panisch: Der Curevac-Börsenkurs sackte im
nachbörslichen US-Handel am Mittwoch um mehr als die Hälfte ab.

Zur Frage, wie es mit dem bisherigen Impfstoffkandidaten nun
weitergehen soll, äußerte sich Curevac in der Mitteilung nicht im
Detail. Allerdings lud das Unternehmen «interessierte Parteien» für
Donnerstag (14 Uhr) zu einer Telefonkonferenz ein.

Curevac-Vorstandschef Franz-Werner Haas teilte mit, man habe auf
stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft. Man wolle die
laufende Studie aber dennoch bis zur finalen Analyse fortsetzen. «Die
endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern.»
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter: «Schade,
das Team aus Tübingen hätte Erfolg verdient gehabt.»

Der Impfstoffkandidat der Tübinger basiert - ebenso wie
beispielsweise das bereits länger in der EU zugelassene Vakzin des
Mainzer Konkurrenten Biontech - auf sogenannter «messenger RNA»
(Boten-RNA) und unterscheidet sich damit von Vektorimpfstoffen wie
etwa jenem von Astrazeneca. Doch anders als bei Biontech oder auch
beim US-Konkurrenten Moderna lässt die Wirksamkeit des
Curevac-Impfstoffs offenbar deutlich zu wünschen übrig.

Die Firma teilte mit, dass die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten
von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. In
die Analyse sei die Wirksamkeit gegen mindestens 13 Covid-Varianten
eingegangen. Der Epidemiologie Lauterbach folgerte aus den von
Curevac bekanntgegebenen Daten: «Verschiedene Varianten waren
betroffen. Damit dürfte die Wirkung gegen die Delta-Variante alleine
noch niedriger sein.» Nach Ansicht vieler Virologen ist diese zuerst
in Indien bekanntgewordene Virus-Variante deutlich ansteckender und
verursacht schwerere Krankheitsverläufe.

Curevac hatte sich im vergangenen Jahr über einen Börsengang in New
York sowie mehrmals über Kapitalerhöhungen frisches Geld verschafft
und zudem eine Partnerschaft mit dem Leverkusener Pharmariesen Bayer
vereinbart. Historisch noch enger verzahnt ist Curevac allerdings mit
dem SAP-Mitbegründer und Investor Dietmar Hopp, der nach wie vor
einen Großteil der Anteile an dem Unternehmen hält. Hopp sorgte zu
Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, als er
überraschend und öffentlichkeitswirksam verkündete, Curevac könne
möglicherweise schon im Herbst 2020 einen Corona-Impfstoff liefern.
Das blieb ein unerfüllter Wunsch.