UN: Deutsches Bremsen bei Impf-Patenten behindert Pandemie-Bekämpfung

New York (dpa) - Nach Einschätzung der UN-Entwicklungsorganisation
UNDP bremsen Deutschland und andere Länder die Bekämpfung der
Corona-Pandemie, indem sie eine Freigabe von Patenten für Impfstoffe
blockieren. «Rechte an geistigem Eigentum sind ein Hindernis für eine
beschleunigte Verbreitung und Produktion von Impfstoffen», sagte
UNDP-Chef Achim Steiner der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe bei
Vorstößen wie jenem zur Patent-Freigabe zwar immer Bedenken, doch
«Risiko ist kein Grund, jetzt nicht zu handeln». Die Freigabe von
Patenten müsse als eine von mehreren Maßnahmen in Betracht gezogen
werden, um der eklatanten Ungleichheit beim Verteilen der Vakzine zu
begegnen.

Deutschland hatte sich zuletzt beim G7-Gipfel in Cornwall zusammen
mit Großbritannien erneut gegen die Patent-Freigabe gestemmt, die
eine lizenzfreie Impfstoffproduktion in Entwicklungsländern
ermöglichen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Mai
gesagt, dass dies keine Lösung sei, um mehr Menschen Impfstoff zur
Verfügung zu stellen - es bedürfe der Kreativität und der
Innovationskraft von Unternehmen, der Schutz von Patenten sei eine
Voraussetzung dafür. US-Präsident Joe Biden hatte den Vorschlag einer
Freigabe ins Spiel gebracht. Aus Deutschland und Großbritannien
kommen mit Biontech und Astrazeneca zwei erfolgreiche Hersteller von
Corona-Vakzinen.

Der deutsche UN-Mann Steiner, der am Donnerstag seine zweite Amtszeit
als Entwicklungschef und dritthöchster Diplomat bei den Vereinten
Nationen antritt, nannte die einseitige Verteilung der Impfstoffe
zugunsten der Industrienationen «nicht zu vertreten». Die
Staatengemeinschaft habe es vergangenes Jahr verpasst, das
internationale Impfprogramm Covax mit genügend Geld auszustatten.
Stattdessen seien die ärmsten Länder nun von jenen Staaten abhängig,

die die Impfstoffe herstellten und zudem die Patente an ihnen
besäßen. «Das ist kein gute Position für eine globale Familie und
eine Gemeinschaft von Nationen», so Steiner weiter.

Das Versprechen der Industrienationen beim G7-Gipfel, mindestens eine
Milliarde Impfdosen bis Mitte 2022 bereitzustellen, sei aus Sicht der
Bedürftigen nicht ausreichend. «In den Augen vieler, die in den
Entwicklungsländern leben, ist es immer noch zu wenig und zu lang
hin», sagte Steiner. Allerdings empfinde er es ebenfalls als falsch,
Regierungen dafür zu verurteilen, dass ihre eigenen Bevölkerungen für

sie Vorrang bei der Bekämpfung der Pandemie hätten.