Deutlich mehr Klassenwiederholer nach Corona-Schuljahr 2020/21

Die wochenlangen Schulschließungen in der Corona-Krise haben ihre
Spuren hinterlassen: Fast jeder 20. Schüler wiederholt das Schuljahr.
Das ist rund ein Drittel mehr als normalerweise.

Schwerin (dpa/mv) - Nach zwei Schuljahren mit jeweils wochenlangem
Distanz-Unterricht in der Corona-Krise steigt die Zahl der
Klassenwiederholer deutlich. Drehten nach dem Schuljahr 2018/19 vor
der Pandemie 4615 Schülerinnen und Schüler an staatlichen Schulen
eine «Ehrenrunde», so sind es jetzt 6217, wie das Bildungsministerium
in Schwerin am Mittwoch mitteilte. Das ist ein Plus von rund einem
Drittel.

4,6 Prozent der Schülerinnen und Schüler wiederholen damit das zu
Ende gehende Schuljahr freiwillig oder weil sie aufgrund zu
schlechter Noten nicht versetzt werden können. In den Vorjahren waren
es jeweils 3,5 bis 3,6 Prozent gewesen. Eine Ausnahme bildet das
Schuljahr 2019/2020. Nach den coronabedingten Schulschließungen im
Frühjahr 2020 wurden auch die Schüler versetzt, die das Klassenziel
eigentlich nicht erreicht hatten. Die Wiederholerrate betrug 2,9
Prozent - alle auf freiwilliger Basis.

Die Linke sieht die Schulen in MV vor großen Herausforderungen. «Es
sind nicht nur zusätzliche Räumlichkeiten notwendig, die Zahl der
wiederholenden Schülerinnen und Schüler erfordert auch zusätzliche
Lehrkräfte», sagte die Fraktionsvorsitzende der oppositionellen
Linken im Landtag, Simone Oldenburg. Zudem müssten alle Schüler
gefördert werden, um ihr massives Unterrichtsdefizit auszugleichen.
«Andernfalls droht die Bugwelle der Wiederholerinnen und Wiederholer
das Schulsystem zu überrollen - Klassen werden immer größer und damit

die individuelle Unterstützung immer kleiner.»

Auch die Lehrergewerkschaft VBE (Verband Bildung und Erziehung)
fordert vom Land, deutlich mehr Lehrkräfte einzustellen, um
Schülerinnen und Schüler mit Lerndefiziten besser individuell fördern

zu können. Aus dem Bildungsministerium hieß es, man prüfe derzeit,
inwieweit durch die Klassenwiederholungen die Zuweisung zusätzlicher
Lehrerstunden notwendig ist. Ein Sprecher erklärte, der Anstieg der
Wiederholer-Zahlen sei «gut beherrschbar».

Der VBE-Landesvorsitzende Michael Blanck forderte, die Schulen
bereits jetzt auf eine mögliche vierte Corona-Welle im Herbst
vorzubereiten, um erneute Schulschließungen zu verhindern. In den
nächsten Wochen seien dazu große Anstrengungen des Landes und der
Schulträger erforderlich, mahnte er. So müssten flächendeckend
Luftfilteranlagen eingebaut werden. Auch die Digitalisierung müsse
weitergehen. «Viele Lehrkräfte warten immer noch auf die
versprochenen Endgeräte», sagte Blanck.

Die Landesregierung hat für die Schüler in MV ein Aktionsprogramm
«Stark machen, Anschluss sichern» mit 38 Millionen Euro aufgelegt.
Zum Aufholen von versäumtem Schulstoff will das Ministerium
Lehramtsstudenten und ehemalige Lehrer zur Unterstützung in die
Schulen holen. Außerdem soll private Nachhilfe vom Land bezahlt
werden.