Maskenpflicht auf Schulhöfen in NRW endet - Laschet: Kein «Übermut» Von Dorothea Hülsmeier, dpa

Auch in Nordrhein-Westfalen bröckelt die Maskenpflicht. Vor allem auf
Schüler kommen entspanntere letzte Schultage vor den Sommerferien zu.
Dennoch mahnt Ministerpräsident Laschet zu Vorsicht.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Maskenpflicht im Freien soll in
Nordrhein-Westfalen größtenteils aufgehoben werden - auf den
Schulhöfen endet sie bereits ab kommenden Montag. Ministerpräsident
Armin Laschet (CDU) stellte am Mittwoch ein generelles Ende der
Maskenpflicht im Freien in Aussicht, warnte aber vor «Übermut» bei
Lockerungen. «Wir dürfen kein Risiko eingehen», sagte der
Unions-Kanzlerkandidat.

Millionen Schüler können bald aufatmen. Als ersten Schritt verkündete

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) die Aufhebung der Maskenpflicht
auf den Pausenhöfen. «Bei den aktuell niedrigen Infektionszahlen und
der geringen Ansteckungsgefahr an der frischen Luft ist dieser
Schritt verantwortungsvoll und angemessen.»

Vor dem Hintergrund des aktuell anhaltend niedrigen
Infektionsgeschehens und des guten Vorankommens der Impfkampagne sei
es «verantwortungsvoll vertretbar», die Maskenpflicht im Freien
«größtenteils» abzuschaffen, teilte zudem das Gesundheitsministeriu
m
mit. «In Innenräumen wird an der Pflicht zum Tragen eines
Mund-Nasen-Schutzes überall dort festgehalten werden, wo es zum
Schutz nötig ist.» Das Land arbeite derzeit an den Details der
Umsetzung und werde die Regelungen anschließend unverzüglich
öffentlich kommunizieren.

Auch Laschet sprach sich in einer Landtagsdebatte dafür aus, in
Innenräumen den Mund-Nasen-Schutz überall dort beizubehalten, wo es
nötig sei. Dies findet auch Zustimmung bei FDP, SPD und Grünen.
Mehrere Bundesländer haben bereits die Aufhebung oder Lockerung der
Maskenpflicht im Freien beschlossen. Wo in den Schulen noch Masken
getragen werden müssen, wird nach Angaben Gebauers in der neuen
Corona-Betreuungsverordnung ausgearbeitet, die in den nächsten Tagen
von der Landesregierung verabschiedet werden soll.

Laschet sagte, Öffnungen sollten Schritt für Schritt erfolgen.
Deshalb solle an Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen «mit geringen
Einschränkungen der Freiheitsrechte festgehalten werden», sagte
Laschet. «Wir sind im Endspurt.» Die Landesregierung werde
«pragmatisch» auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens reagieren.
Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer warnte: «Der
Bundestagswahlkampf darf nicht zu einem Wettbewerb führen, wer welche
Vorsichtsmaßnahmen am schnellsten über Bord wirft.»

Laschet, der auch CDU-Bundesvorsitzender ist, warnte vor der in
Großbritannien verbreiteten Delta-Variante des Coronavirus. Trotz
eines hohen Anteils an Erstimpfungen stiegen dort die
Infektionszahlen wieder deutlich an. «Eine vierte Welle will niemand.
Es gilt, alles zu tun, damit sie vermieden werden kann», sagte
Laschet mit Blick auf Deutschland.

Laschet rief die Menschen zu Geduld bei den Corona-Impfungen auf.
Nachdem derzeit in den Impfzentren fast ausschließlich Zweitimpfungen
möglich seien, würden im Juli auch wieder Erstimpfungen ermöglicht.
Weiterhin gelte das Versprechen: «Im Laufe des Sommers wird jeder und
jede ein Impfangebot erhalten.»

Laschet stellte Sonderimpfangebote auch für Studenten und
Studentinnen an den Hochschulen und Universitäten in Aussicht.
Spätestens mit Beginn des kommenden Wintersemesters müsse an den
Hochschulen wieder ein Regelbetrieb mit Präsenz und Studentenleben
möglich sein.

Zugleich sprach sich der CDU-Politiker gegen jeglichen Zwang bei den
Corona-Impfungen für Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren aus. Zwar
habe die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat den
Biontech-Impfstoff für diese Altersgruppe zugelassen. Die Ständige
Impfkommission (Stiko) in Deutschland empfehle ihn allerdings «aus
gutem Grund» nur für Jugendliche mit Vorerkrankungen. Eltern sollten
daher das Gespräch mit dem Kinderarzt suchen und sich beraten lassen.
«Es darf keinen Impfzwang geben, und es darf auch keinen Druck geben,
gerade bei Kindern nun das Impfen unbedingt zur Pflicht zu machen.»

NRW sei als bevölkerungsreichstes Bundesland nicht nur im Vergleich
der Bundesländer, sondern auch im europäischen Vergleich mit am
besten durch diese Krise gekommen, sagte Laschet. Das Bundesland
werde «Zugpferd der wirtschaftlichen Erholung» in Deutschland nach
der Pandemie. Ein Grund seien die offenen Grenzen und die nicht
unterbrochenen Lieferketten für die Wirtschaft. Laschet verwies
darauf, dass sich die Wirtschaft in NRW laut der Konjunkturprognose
des RWI um 0,4 Prozentpunkte besser als im Bundesschnitt entwickle.

SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte als Folge aus der
Corona-Pandemie einen «nationalen Kraftakt für Kinder und Bildung».
«Auch nach Corona braucht jedes Kind einen Computer», sagte der
Partei- und Fraktionschef der SPD. Auch Wlan in Schulgebäuden müsse
Standard sein. Die Corona-Pandemie müsse auch ein Wendepunkt für die
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sein, sagte Kutschaty. Die
Kommunen brauchten ein Programm zur Belebung ihrer Innenstädte. Es
drohe ein massives Ladensterben. Auch für die Gastronomie und die
Kulturschaffenden dürfe die Zeit der Hilfsprogramme noch nicht vorbei
sein.

SPD und Grüne forderten die Landesregierung auf, Vorsorge für
Auffrischungsimpfungen im Herbst zu treffen. Die Impfzentren sollten
nach Ansicht der SPD bis ins nächste Jahr hinein erhalten bleiben.
Bisher sind die Impfzentren bis Ende September finanziell
abgesichert. FDP-Fraktionschef Christof Rasche schlug vor, den
Bürgern zu empfehlen, sich einmal pro Woche testen lassen sollten.
Damit könne man schneller erkennen, wo es wieder Corona-Ausbrüche
gebe.

Die AfD warf den Regierungen Angst und Panikmache» in der
Corona-Politik vor. Die Politiker hätten mit Inzidenzzahlen
«gewürfelt», sagte AfD-Fraktionschef Markus Wagner mit Blick auf den

Stufenplan für Lockerungen der Corona-Auflagen. Die «Dauerlockdowns»

seien auch damit begründet worden, dass die Intensivbetten in den
Krankenhäusern knapp würden. «Sie waren es nie.»