Britischer Ex-Berater Cummings belastet Boris Johnson erneut schwer

London (dpa) - Der frühere Regierungsberater Dominic Cummings hat
erneut schwere Vorwürfe gegen den britischen Premier Boris Johnson
erhoben. In einem langen Beitrag auf seiner privaten Internetseite
warf er der Regierung vor, die Wahrheit zu verdrehen und ihre
Entscheidungen in der Corona-Pandemie nachträglich schön zu reden.

Cummings veröffentlichte zudem mutmaßliche Bildschirmfotos privater
Whatsapp-Nachrichten von Boris Johnson. Darin soll Johnson seinen
Kabinettskollegen und Gesundheitsminister Matt Hancock in Bezug auf
den Aufbau des Corona-Testsystems im vergangenen Jahr als «völlig
hoffnungslos» (original: «totally fucking hopeless») bezeichnet
haben. In einer weiteren Nachricht soll er zudem vorgeschlagen haben,
Hancock von seinem Posten zu entfernen. In den veröffentlichten
Ausschnitten ist der Absender als «Johnson Boris» benannt. Downing
Street erklärte auf Anfrage, sich nicht detailliert zu den Bildern
äußern zu wollen, stritt deren Echtheit jedoch auch nicht ab. Ein
Regierungssprecher erklärte der Nachrichtenagentur PA zufolge, der
Premierminister habe weiterhin volles Vertrauen in Hancock.

Es ist nicht das erste Mal, das der frühere Johnson-Vertraute
austeilt: In einer stundenlangen Befragung erhob er vor wenigen
Wochen schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Die Politik habe vor
allem zu Beginn der Pandemie versagt. Gesundheitsminister Hancock
habe mehrmals gelogen, etwa bei der Besorgung von Schutzausrüstung
oder bei Corona-Tests für Alten- und Pflegeheime.

Hancock selbst wies die Vorwürfe in einer Befragung zurück und
forderte Cummings auf, Beweise für seine Anschuldigungen vorzulegen.
«Ich bin jeden Morgen mit der Ansicht und Einstellung aus dem Bett
aufgestanden, dass es meine Aufgabe ist, Leben zu schützen und dieses
Land aus der Pandemie zu befreien», betonte er in der vergangenen
Woche vor dem Ausschuss. Er habe stets mit «Ehrlichkeit» sowie
«Integrität» gehandelt und das Vertrauen Johnsons gespürt.

Dominic Cummings, der als wichtiger Stratege hinter der «Vote
Leave»-Kampagne für den Brexit bekannt wurde, hatte die Downing
Street Ende vergangenen Jahres nach einem erbitterten internen
Machtkampf im innersten Zirkel der Regierungszentrale verlassen.