Laschet: Maskenpflicht im Freien beenden - Aber kein «Übermut» Von Dorothea Hülsmeier, dpa

Corona-Lockerungen und wohl bald schon keine Maskenpflicht mehr im
Freien - auf NRW kommen entspanntere Sommertage zu. Dennoch warnt
Ministerpräsident Laschet vor «Übermut».

Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin
Laschet (CDU) hat weitere Lockerungen und ein Ende der Maskenpflicht
im Freien in Aussicht gestellt, warnt aber vor Risiken einer vierten
Corona-Welle. Trotz sinkender Corona-Neuinfektionen und des hohen
Impftempos gebe es «keinen Anlass für Übermut», sagte der
Unions-Kanzlerkandidat am Mittwoch im Landtag in Düsseldorf.
Öffnungen sollten Schritt für Schritt erfolgen. Deshalb solle an
Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen «mit geringen Einschränkungen der
Freiheitsrechte festgehalten werden», sagte Laschet. «Wir sind im
Endspurt.»

Laschet sprach sich zwar für das Ende der Maskenpflicht im Freien in
NRW aus. In Innenräumen sollte an der Pflicht zum Tragen eines
Mund-Nasen-Schutzes aber überall dort festgehalten werden, wo es
nötig sei. «Wir dürfen kein Risiko eingehen.» Auch FDP, SPD und Gr
üne
sprachen sich für die Beibehaltung der Maske in Innenräumen aus.
Mehrere Bundesländer haben bereits die Aufhebung der Maskenpflicht im
Freien beschlossen. In NRW erarbeitet das Gesundheitsministerium die
entsprechende Verordnung.

Die Landesregierung werde «pragmatisch» auf die Entwicklung des
Infektionsgeschehens reagieren, sagte Laschet. Grünen-Fraktionschefin
Verena Schäffer warnte: «Der Bundestagswahlkampf darf nicht zu einem
Wettbewerb führen, wer welche Vorsichtsmaßnahmen am schnellsten über

Bord wirft.»

Laschet, der auch CDU-Bundesvorsitzender ist, warnte vor der in
Großbritannien verbreiteten Delta-Variante des Coronavirus. Trotz
eines hohen Anteils an Erstimpfungen stiegen dort die
Infektionszahlen wieder deutlich an. «Eine vierte Welle will niemand.
Es gilt, alles zu tun, damit sie vermieden werden kann», sagte
Laschet mit Blick auf Deutschland.

Laschet rief die Menschen zu Geduld bei den Corona-Impfungen auf.
Nachdem derzeit in den Impfzentren fast ausschließlich Zweitimpfungen
möglich seien, würden im Juli auch wieder Erstimpfungen ermöglicht.
Weiterhin gelte das Versprechen: «Im Laufe des Sommers wird jeder und
jede ein Impfangebot erhalten.»

Laschet stellte Sonderimpfangebote auch für Studenten und
Studentinnen an den Hochschulen und Universitäten in Aussicht.
Spätestens mit Beginn des kommenden Wintersemesters müsse an den
Hochschulen wieder ein Regelbetrieb mit Präsenz und Studentenleben
möglich sein.

Zugleich sprach sich der CDU-Politiker gegen jeglichen Zwang bei den
Corona-Impfungen für Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren aus. Zwar
habe die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat den
Biontech-Impfstoff für diese Altersgruppe zugelassen. Die Ständige
Impfkommission (Stiko) in Deutschland empfehle ihn allerdings «aus
gutem Grund» nur für Jugendliche mit Vorerkrankungen. Eltern sollten
daher das Gespräch mit dem Kinderarzt suchen und sich beraten lassen.
«Es darf keinen Impfzwang geben, und es darf auch keinen Druck geben,
gerade bei Kindern nun das Impfen unbedingt zur Pflicht zu machen.»

NRW sei als bevölkerungsreichstes Bundesland nicht nur im Vergleich
der Bundesländer, sondern auch im europäischen Vergleich mit am
besten durch diese Krise gekommen, sagte Laschet. Das Bundesland
werde «Zugpferd der wirtschaftlichen Erholung» in Deutschland nach
der Pandemie. Ein Grund seien die offenen Grenzen und die nicht
unterbrochenen Lieferketten für die Wirtschaft. Laschet verwies
darauf, dass sich die Wirtschaft in NRW laut der Konjunkturprognose
des RWI um 0,4 Prozentpunkte besser als im Bundesschnitt entwickle.

SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte als Folge aus der
Corona-Pandemie einen «nationalen Kraftakt für Kinder und Bildung».
«Auch nach Corona braucht jedes Kind einen Computer», sagte der
Partei- und Fraktionschef der SPD. Wer keinen Computer habe, sei
«raus - gerade in der Schule». Auch Wlan in Schulgebäuden müsse
Standard sein. Die Corona-Pandemie müsse auch ein Wendepunkt für die
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sein, sagte Kutschaty. Die
Kommunen brauchten ein Programm zur Belebung ihrer Innenstädte. Es
drohe ein massives Ladensterben. Auch für die Gastronomie und die
Kulturschaffenden dürfe die Zeit der Hilfsprogramme noch nicht vorbei
sein.

Kutschaty bekräftigte die SPD-Forderung nach einer Vermögensteuer. Im
Corona-Jahr 2020 sei die Anzahl der Milliardäre in Deutschland um
fast 30 Prozent auf 136 gestiegen. Ihre Vermögen seien um 100
Milliarden Euro gewachsen. Dagegen sei die deutsche
Wirtschaftsleistung geschrumpft.

SPD und Grüne forderten die Landesregierung auf, Vorsorge für
Auffrischungsimpfungen im Herbst zu treffen. Die Impfzentren sollten
nach Ansicht der SPD bis ins nächste Jahr hinein erhalten bleiben.
Bisher sind die Impfzentren bis Ende September finanziell
abgesichert.

FDP-Fraktionschef Christof Rasche schlug vor, den Bürgern zu
empfehlen, sich einmal pro Woche testen lassen sollten. Damit könne
man schneller erkennen, wo es wieder Corona-Ausbrüche gebe.

Die AfD warf den Regierungen Angst und Panikmache» in der
Corona-Politik vor. Die Politiker hätten mit Inzidenzzahlen
«gewürfelt», sagte AfD-Fraktionschef Markus Wagner mit Blick auf den

Stufenplan für Lockerungen der Corona-Auflagen. Die «Dauerlockdowns»

seien auch damit begründet worden, dass die Intensivbetten in den
Krankenhäusern knapp würden. «Sie waren es nie.»