Schüler dürfen aufatmen - Maskenpflicht soll gelockert werden

Besonders Schüler haben unter den Corona-Beschränkungen gelitten. Nun
sollen sie bei niedrigen Inzidenzen wieder ohne Maske lernen dürfen.
Auch in anderen Bereichen soll die Maske fallen - auf keinen Fall
aber im Fußballstadion.

Stuttgart (dpa) - Baden-Württemberg will die Maskenpflicht an Schulen
lockern. Sofern die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region unter 35
liegt und es zwei Wochen an der Schule keinen Corona-Ausbruch gab,
soll die Maskenpflicht im Unterricht komplett wegfallen, kündigte
Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag in Stuttgart an.
Die Regel soll für alle Schulformen gelten. Bereits bei einer
Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern und Woche
soll die Maskenpflicht auf den Pausenhöfen abgeschafft werden. Die
entsprechende Verordnung des Kultusministeriums soll bis nächste
Woche ausgearbeitet sein.

«Sobald ein Ausbruch an einer Schule ist, wird sofort wieder die
Maskenpflicht angeordnet», sagte Lucha. Derzeit seien von 4500
Schulen 248 von Infektionsfällen betroffen. Am aktuellen Testregime
an den Schulen - also zwei Tests die Woche - wolle man bis zur
Sommerpause festhalten.

Lucha stellte für weitere Alltagsbereiche Lockerungen der
Maskenpflicht in Aussicht. Man wolle den Menschen entgegenkommen, wo
der Regelungsbedarf nicht mehr so nachvollzogen werde, etwa draußen
im öffentlichen Raum. Lucha nannte etwa eine anstehende Sondersitzung
der Verkehrsminister, die über einen Wegfall der Maskenpflicht an
offenen, gut durchlüfteten Bahnhöfen und Bushaltestellen diskutieren.
«Ähnliches werden wir für den öffentlichen Raum - inzidenzabhängi
g
natürlich - auch vorschlagen, dass da keine Maskenpflicht mehr nötig
ist», sagte der Gesundheitsminister. Aber im Handel, in
Einkaufszentren, bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen soll die
Maske im Südwesten weiterhin Pflicht sein.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von
nachvollziehbaren und durchdachten Lockerungen. Das Risiko könne man
eingehen, sagte er. Dennoch warnte er vor zu schnellen
Öffnungsschritten. Die bundesweite Debatte über die Lockerung der
Maskenpflicht schieße über das Ziel hinaus. «Lockerungsdebatten in
der Sache führen immer auch zum Abflauen der Disziplin.» Die Pandemie
sei nicht vorbei. Man dürfe nicht vergessen, dass die Inzidenz noch
20 Mal höher sei als vor einem Jahr. «Leute, seid nicht übermütig,

das bezahlen wir sonst bitter», sagte er. Man könne nicht das Risiko
einer vierten Welle eingehen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte zuvor die
Länder aufgefordert, die Maskenpflicht zu überprüfen. Sie müssten
klären, «ob und wo eine Maskenpflicht noch verhältnismäßig ist, w
enn
die Inzidenzzahlen niedrig sind und weiter sinken», sagte sie der
«Bild am Sonntag».

Die FPD im Landtag fordert weitgehendere Lockerungen im Land. «Ich
fordere jetzt auch ein Ende der Maskenpflicht unter freiem Himmel und
der Testpflicht in der Außengastronomie», sagte FDP-Fraktionschef
Hans-Ulrich Rülke. «Die geringen Infektionszahlen, verbunden mit der
fast unmöglichen Ansteckungsgefahr im Freien rechtfertigen diese
Einschränkungen nicht mehr.»

Für Besucher von größeren Sportveranstaltungen will Kretschmann die
Maskenpflicht keinesfalls lockern - auch wenn diese im Freien
stattfinden. «Ich sehe das bei der EM, das geht mal gar nicht.»

42 der 44 Regionen im Südwesten liegen derzeit (Stand:
Montagnachmittag) unter der 50er Marke, die Stadt Karlsruhe sogar nur
bei 6,4. Am höchsten ist der Wert in der Stadt Heilbronn. Hier wurde
bei 64,0 Menschen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben
Tagen eine Corona-Infektion nachgewiesen.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) warnte die Regierung davor,
auf den letzten Metern unvorsichtig zu werden. «Mit Blick auf die
Ausbreitung der Delta-Mutation und das Zurückrudern Englands bei den
Öffnungsvorhaben plädieren wir deutlich dafür, nicht
gesellschaftliche Wünsche, sondern die nachhaltige Eindämmung der
Ausbreitung des Virus in den Mittelpunkt politischen Handelns zu
stellen», sagte der Landesvorsitzende Gerhard Brand.