«Epidemische Lage» wird nicht verlängert - Befugnisse laufen aus

Das Pandemie-Gesetz für NRW war und ist umstritten: Es erlaubt der
Regierung massive Eingriffe - bis hin zur Beschlagnahme medizinischen
Materials. Das ist nun bald vorbei. Die «epidemische Lage» als
Voraussetzung für das Gesetz läuft aus, der Quasi-Notstand wird
beendet.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Der nordrhein-westfälische Landtag soll die
«epidemische Lage von landesweiter Tragweite» nicht noch einmal
verlängern. Darauf haben sich nach dpa-Informationen am Dienstag die
Regierungsfraktionen von CDU und FDP verständigt. Damit entfallen ab
dem 19. Juni besondere Befugnisse der Regierung.

Der Landtag hatte die «epidemische Lage» zuletzt bis einschließlich
18. Juni ausgedehnt. Diese Woche stünde im Landtag die nächste
Verlängerung an. Dazu soll es laut den Regierungsfraktionen aber
nicht kommen. Auch die SPD ist gegen eine Verlängerung.

CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen sagte am Dienstag: «Die Disziplin der
Menschen in den vergangenen Monaten, der große Impffortschritt und
die umfangreichen Testungen haben das Infektionsgeschehen in
Nordrhein-Westfalen erfolgreich und nachhaltig zurückgedrängt.»
Schritt für Schritt könnten nun «Grundrechtseingriffe zurückgenomme
n
werden.» Löttgen ergänzte: «Für Entwarnung ist es noch zu früh.
Die
epidemische Lage von landesweiter Tragweite wird zwar auslaufen
können, aber die Pandemie ist noch nicht vorbei. Es gilt, weiter
vorsichtig zu sein.»

FDP-Fraktionschef Christof Rasche betonte: «Eingriffe in die
Grundrechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger müssen
verhältnismäßig, zeitlich begrenzt und gut begründet sein. Die
Entwicklung der Infektionszahlen entspannt sich. Deshalb ist es
möglich, die pandemische Lage auslaufen zu lassen. Damit werden die
Grundrechtseingriffe zurückgefahren.»

Nur in einer «epidemische Lage» greift das zunächst umstrittene
Pandemie-Gesetz, dass der Landesregierung außerordentliche Befugnisse
zur Bekämpfung der Corona-Krise einräumt. Unter anderem darf die
Regierung während einer epidemischen Lage im Notfall per
Rechtsverordnung die Verschiebung von Eingriffen im Krankenhaus
verlangen, um Covid-Patienten versorgen zu können, oder auch
medizinische Geräte und Materialien beschlagnahmen.

Erstmals war die epidemische Lage im Landtag im April vergangenen
Jahres erklärt und danach mit einer Unterbrechung im Sommer mehrfach
verlängert worden. Der Landtag hatte zuletzt noch «pandemische
Leitlinien» beschlossen, die den Handlungsrahmen für die Regierung
weiter abstecken sollen.

In einem Bericht an den Landtag betonte das Gesundheitsministerium
vergangene Woche noch einmal, dass die «dritte Welle» in der Pandemie
gebrochen sei und eine Überlastung des Gesundheitssystems habe
abgewendet werden können.

Während die epidemische Lage in NRW ausläuft, hatte der Bundestag vor
gut zwei Wochen die deutschlandweite «epidemische Lage von nationaler
Tragweite» noch einmal verlängert. Sie dient als rechtliche Grundlage
für Corona-Regelungen etwa zu Impfungen und Testkosten.

Die Fraktionen im Düsseldorfer Landtag waren sich - samt SPD und
Grünen - bei den bisherigen Verlängerungen meistens einig. Und auch
das Ende scheint Konsens: Thomas Kutschaty (SPD) sagte am Dienstag,
dass seine Fraktion die pandemische Lage nicht verlängern wolle. Für
die «Grundrechtseingriffe», die damit einhergingen, gebe es zurzeit
«keine Grundlage mehr».