Innenminister: Proteste gegen Corona-Politik weiter radikalisiert

Corona lässt nach, aber löst sich damit auch die Protestbewegung auf?
Die Innenminister zweifeln daran, weil diese ein Sammelbecken von
Verschwörungsideologen und Rechtsextremen geworden seien. Das sei
eine explosive Mischung.

Stuttgart (dpa/lsw) - Trotz des Abflauens der Corona-Krise muss der
Staat nach Meinung von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl
(CDU) weiter ein scharfes Auge auf die Protestbewegung um die
sogenannten Querdenker haben. «Wir haben die klare Erkenntnis, dass
im Zuge des Protestgeschehens Verschwörungsideologien Aufwind
erhalten und sich sehr stark verbreitet haben», sagte der Vorsitzende
der Innenministerkonferenz der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Es gehe um Ideologien, die sich gegen staatliche Vertreter, einzelne
gesellschaftliche Gruppen oder gegen die Demokratie an sich richten.
«Diese Entwicklung werden wir auf das Schärfste beobachten.» Man
werde die Zusammenarbeit der Verfassungsschützer «bundesweit
intensivieren und standardisieren».

Der CDU-Politiker sagte vor der Konferenz der Innenminister von Bund
und Ländern im südbadischen Rust von diesem Mittwoch an: «Es ist
offenkundig so, dass Reichsbürger, Selbstverwalter,
Verschwörungstheoretiker, QAnon-Anhänger und Rechtsextreme versuchen,
die Demonstrationen gegen die Corona-Politik zu unterwandern, zu
instrumentalisieren, Anhänger zu gewinnen. Sie wollen Leute
infizieren mit ihrem Gedankengut und die, die schon infiziert sind,
weiter in ihrem Sinne radikalisieren.» Anhänger des «QAnon»-Mythos

wittern hinter allem, was auf der Welt passiert, eine Clique, die die
Fäden in der Hand hält und eine «neue Weltordnung» will.

Strobl erläuterte, zentraler Punkt der Verschwörungsideologien sei
«eine grundsätzliche Staatsfeindlichkeit in Verbindung mit einem
entsprechenden Widerstandsgedanken gegen die herrschende Regierung».
Häufig radikalisierten sich die Menschen im Netz. «Sie finden aber
auch im realen Leben ein Becken, in dem sie ihr rechtsextremes,
rassistisches, antisemitisches Gift fließen lassen, um möglichst
viele Menschen damit zu vergiften.»

Der Innenminister hält es auch für denkbar, dass solche
Radikalisierten zu Terroranschlägen fähig sind. «Die Entwicklung ist

in jedem Fall besorgniserregend. Wenn jemand radikalisiert ist,
bedarf es vielleicht nur noch eines kleinen Funkens, dass er auch zur
Tat schreitet und tatsächlich eine Straftat verübt.»

In Baden-Württemberg beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz
bereits seit Ende vergangenen Jahres die Organisationsebene der
«Querdenken»-Bewegung. Einige Länder sind dem Beispiel gefolgt, aber

längst nicht alle. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz
beobachtet seit Ende April Personen und Gruppen innerhalb der
Querdenker-Bewegung.