Kein Beweis für Schütteln - Vater nach Tod von Sohn freigesprochen

Nach Einblutungen im Gehirn stand ein 30-Jähriger unter Verdacht,
beim Füttern seines Säuglings überfordert gewesen zu sein und dessen

Tod herbeigeführt zu haben. Diese Anklage wies das Landgericht Mainz
jetzt zurück.

Mainz (dpa/lrs) - Tränen beim Urteilsspruch: Das Landgericht Mainz
hat am Montag einen des Totschlags angeklagten Vater freigesprochen.
Der 30-Jährige weinte, als ihn das Gericht vom Vorwurf freisprach,
seinen dreieinhalb Monate alten Sohn im März 2019 in einer
Stresssituation sekundenlang geschüttelt zu haben. Trotz
intensivmedizinischer Behandlung starb der Säugling im Juni 2019.
Ärzte hatte Einblutungen im Gehirn festgestellt und ein
Schütteltrauma vermutet.

Ein Tatnachweis lasse sich nicht führen, urteilte das Gericht. Auch
fehle jeder Hinweis auf ein mögliches Motiv. Dass sich das Baby beim
Füttern verschluckt habe und trotz der Bemühungen seines Vaters
erstickt sei, sei ein ebenso trauriges wie tragisches Geschehen
gewesen. Der Säugling konnte damals zwar reanimiert und beatmet
werden. Die Hirnschäden waren aber so stark, dass er nach wenigen
Wochen verstarb.

Ärzte der Universitätsmedizin Mainz hatten den Verdacht geäußert,
dass der Säugling zu heftig geschüttelt worden sei. Darauf deuteten
Einblutungen in den Augen und im Gehirn hin. Im Prozess widersprach
ein anderer Mediziner: Diese Anzeichen könnten auch von den
medizinischen Maßnahmen herrühren, die notwendig gewesen seien, um
das Baby wiederzubeleben. Auch seien angeborene Schädigungen und
mögliche Erbkrankheiten denkbar.

Der Vater sei verzweifelt gewesen und habe alles versucht, um seinem
Sohn zu helfen, befand das Gericht. Denkbar sei, dass er diesen dabei
auch heftiger vom Bauch auf den Rücken gedreht oder in seinen Armen
bewegt habe. Ein mehrere Sekunden anhaltendes Rütteln und freies
Schwingen des Kopfes des Säuglings sei dagegen nicht nachgewiesen.
Die Staatsanwältin hatte dreieinhalb Jahre Haft gefordert, der
Verteidiger Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zum Prozessauftakt hatte der angeklagte Vater ausgesagt, mit seinen
Zwillingen allein gewesen zu sein. Er habe sie auf einer Sofa-Ecke
mit jeweils einem Baby links und einem rechts mit dem Fläschchen
füttern wollen. Das eine Kind habe sich verschluckt, dann habe sich
die Situation zugespitzt. Das Baby habe gekrampft, zu atmen versucht,
dann hätten die Arme schlaff heruntergehangen. Die Mutter des Kindes
sagte, sie habe in keiner Sekunde vermutet, ihr Mann könne etwas
falsch gemacht haben.