Schwerer Neustart nach Alptraum mit elf toten Pferden Von Michael Rossmann, dpa

Sven Schlüsselburg ist ein Kandidat für Tokio, ehe ein heimtückisches

Virus zuschlägt. Mit der Familie kämpft er um seine Pferde - und
verliert viele von ihnen.

Ilsfeld (dpa) - Anfang des Jahres durfte der Reiter Sven
Schlüsselburg von Olympia träumen. Doch kurz vor dem Start in die
Saison erlebte er im Frühjahr durch ein heimtückisches Virus einen
Alptraum, an dessen Ende elf Pferde aus seinem Stall gestorben waren.
Für den 39-Jährigen war es «die schlimmste Zeit in meinem Leben», w
ie
er es im «Reiterjournal» ausdrückte. Jetzt versucht Schlüsselburg
einen Neustart in den Sport.

Ohne es zu ahnen, brachte Schlüsselburg die tödliche Gefahr von einem
Turnier in Spanien mit auf die heimische Anlage in Ilsfeld im
Landkreis Heilbronn. «Die Pferde waren schon zehn Tage zuhause, als
die ersten Meldungen über die Herpes-Fälle zu lesen waren»,
berichtete Schlüsselburg, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit seinen
beiden besten Pferden in Doha angekommen war. «Ich stand kurz vor
einem der wichtigsten Turniere meiner Laufbahn.» Die Veranstaltung in
Katar sollte für das Mitglied des Perspektivkaders der Start in die
Olympia-Saison sein.

Doch daheim begann ein mehrwöchiges Drama, ein Kampf gegen das
Herpes-Virus auf Leben und Tod. «Es war schrecklich, wir haben
ständig telefoniert», berichtete er. «Meine Frau Romina hat mir immer

neue Schreckensnachrichten mitteilen müssen. Welches Pferd jetzt
wieder krank ist und welches eingegangen ist.»

Nach der Rückkehr aus Doha, wo seine beiden Topferde zunächst in
Quarantäne blieben, kämpfte Schlüsselburg gemeinsam mit der Familie
und den Mitarbeitern um die Pferde und um die Existenz. Es sind
«Wochen der Schlaflosigkeit und der Verzweiflung», wie er es in der
«Heilbronner Stimme» ausdrückte.

«Das muss man sich mal vorstellen, aus einem Turnierstall wird von
heute auf morgen ein Lazarett», sagte Schlüsselburg. «Keine Einnahmen

mehr, aber viel höhere Ausgaben. Das hat unseren Stall auch
wirtschaftlich sehr hart getroffen.»

Nur langsam kehrte nach den Wochen des Schreckens so etwas wie
Normalität ein. Schlüsselburg ritt zunächst bei einem kleineren
Turnier und inzwischen bei zwei Veranstaltungen der Global Champions
Tour. Mit mehreren Monaten Verspätung begann für den Spätstarter im
internationalen Spitzensport die Saison, bei der er sich mit seinem
Toppferd Bud Spencer für die Olympischen Spiele empfehlen wollte.

«Das war natürlich ein Schicksalsschlag, da kann man das Wort
tragisch wirklich benutzen», sagte Dennis Peiler, Sportchef bei der
Deutschen Reiterlichen Vereinigung. «Das war eine unheimlich schwere
Zeit für die ganze Familie, für den ganzen Stall. Wir haben versucht,
soweit es ging, zu helfen und zu beraten.»

Bundestrainer Otto Becker sagte: «Er muss sich erstmal von alldem
erholen.» Sportlich habe der Reiter «jetzt Nachholbedarf».
Schlüsselburg und sein Bud Spencer gehörten für Becker seit guten
Runden im Nationalteam und dem achten Platz im Großen Preis des CHIO
in Aachen 2019 zum Kreis der Olympia-Kandidaten. Jetzt gilt aber:
«Wir lassen ihn erstmal in Ruhe. Wir wollen ihn nicht unter Druck
setzen.»

Der Reiter selber will «sehr zielstrebig bleiben und dort wieder
einsteigen, wo ich aussteigen musste.» Seine Pferde seien «gesund und
ausgeruht», sagte Schlüsselburg: «Ich schau' mal, was dann noch
geht.»