Soll die Maskenpflicht fallen? - Disput über Mund-Nasen-Schutz

Seit über einem Jahr sollen Masken Corona-Infektionen verhindern. An
Menschen mit selbstgenähten, OP- und später FFP2-Masken hat man sich
gewöhnt. Doch nun sinken die Ansteckungsraten drastisch und der Sinn
des Mund-Nasen-Schutzes wird hinterfragt.

Berlin (dpa) - Die weitgehende Aufhebung der Maskenpflicht in
Dänemark von diesem Montag an befeuert auch in Deutschland die
Diskussion über den Sinn des Mund-Nasen-Schutzes. «Bei den fallenden
Inzidenzen sollten wir gestuft vorgehen: In einem ersten Schritt kann
die Maskenpflicht draußen grundsätzlich entfallen», sagte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke
Mediengruppe (Montag). In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und
einer hohen Impfquote könne die Pflicht nach und nach auch drinnen
entfallen. «Als Empfehlung bleibt in jedem Fall eine einfache Regel:
im Zweifel mit Maske - besonders beim Reisen und bei Treffen in
Innenräumen», betonte der CDU-Politiker.

In Dänemark wird ab diesem Montag die Pflicht zum Tragen einer Maske
für fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens aufgehoben. Einzige
Ausnahme davon bleibt der öffentliche Nahverkehr - dort aber auch
nur, wenn man nicht sitzt.

Von FDP und AfD kamen am Wochenende Forderungen nach einer kompletten
Aufhebung. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt halten dies draußen für
möglich, nicht aber in Innenräumen. «Ich kann mir gut vorstellen,
dass wir die Maskenpflicht da, wo sie überhaupt noch besteht draußen,
entfallen lassen», sagte Dobrindt in der ZDF-Sendung «Berlin direkt».

Für Innenräume rate er zur Vorsicht.

CSU-Generalsekretär Markus Blume warnte im «Bild live»-Talk «Die
richtigen Fragen» davor, so zu tun, als sei Corona schon vorbei. Er
halte die Abstandsregeln und die Maskenpflicht «für die geringste
Zumutung und für einen sehr guten Schutz nach wie vor». Ähnlich
äußerte sich sein SPD-Kollege Lars Klingbeil in dem Talk: «Ich
glaube, es verlangt uns als Gesellschaft nicht viel ab, wenn wir
jetzt im öffentlichen Nahverkehr, dort, wo wir wirklich auf Menschen
treffen, wenn wir dort die Masken weiterhin tragen. Ich halte das für
richtig.»

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) rief die Länder auf
zu klären, ob und wo eine Maskenpflicht noch verhältnismäßig sei.
Besonders für Schüler, die Masken stundenlang im Unterricht tragen
müssen, sei dies eine Belastung, hatte sie der «Bild am Sonntag»
gesagt.

Die Corona-Infektionszahlen sind in den vergangenen Wochen stark
gesunken. Zugleich sind immer mehr Menschen in Deutschland gegen das
Virus geimpft. Mehr als 40 Millionen Menschen haben mindestens eine
Impfung erhalten, das Land nähert sich damit der 50-Prozent-Marke.
Den vollständigen Impfschutz haben mehr als 21 Millionen Bürger, mehr
als jeder Vierte. Zwei Drittel der Impfungen wurden laut Robert
Koch-Institut in Impfzentren verabreicht, ein Drittel in Arztpraxen.

Wie es mit den Impfzentren weitergehen soll, wollen die
Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Mittwoch beraten. Der
Deutsche Städtetag will sie längerfristig offen halten, der
Hausärzteverband zweifelt daran und verweist auf deutlich höhere
Kosten der Zentren.

«Impfzentren sind sehr teuer», sagte auch der Vorsitzende des
Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, der «Augsburger
Allgemeinen» (Montag). Sie seien geschaffen worden, um die Hausärzte
von der Bürokratie - etwa der Priorisierung - zu entlasten und eine
gerechte Verteilung des knappen Impfstoffs zu gewährleisten. Wenn es
genug Impfstoff gebe und die Bürokratie wegfalle, könnten in den
meisten Regionen die niedergelassenen Haus- und Fachärzte die
Impfungen «hervorragend übernehmen». Alles stehe und falle mit
ausreichenden Impfstoffmengen.

Ähnlich sieht das die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine
Aschenberg-Dugnus. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass die
Ärzte mehr und zuverlässig Impfmittel erhalten. «Dann können die
Impfzentren demnächst auch auslaufen», sagte sie der «Augsburger
Allgemeinen». Der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach entgegnete in
derselben Zeitung, Deutschland könne sehr schnell wieder auf die
Einrichtungen angewiesen sein. Impfzentren seien auch eine
Anlaufstelle für alle, die keinen Hausarzt haben und könnten eine
wichtige Säule für eventuelle Nachimpfungen im Herbst sein. Dieses
Argument führte auch der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz
und bayerische Ressortchef Klaus Holetschek (CSU) ins Feld. «Ich
denke, die Impfzentren sollten auf jeden Fall bis Ende des Jahres
beibehalten werden», sagte der CSU-Politiker der Deutschen
Presse-Agentur.