Entwicklungsorganisationen kritisieren Gesundheitspläne der G7-Länder

Carbis Bay (dpa) - Die Gesundheitspläne der großen Industrienationen
(G7) sind bei Entwicklungsorganisationen auf Kritik gestoßen. Vor
allem wurde bemängelt, dass die G7-Staaten grundsätzliche Probleme
nicht angingen, die verhinderten, dass die große Mehrheit der
Menschen Zugang zu Impfstoffen bekomme. Am zweiten Tag des G7-Gipfels
im englischen Badeort Carbis Bay bekräftigten Hilfsorganisationen am
Samstag ihre Forderung nach Aufhebung der Patentrechte, um die
Produktion von Vakzinen auch in armen Ländern zu fördern.

«Es ist begrüßenswert, dass die G7 konkrete Schritte planen, um
künftige Pandemien schneller zu beenden, aber das Fehlen dringender
Maßnahmen zur Beendigung der aktuellen Krise ist unverzeihlich»,
sagte Jörn Kalinski von Oxfam zu der «Gesundheitserklärung von Carbis

Bay», die die G7-Staaten am Sonntag verabschieden wollen. «Gerade
schnellen die Infektionsraten in vielen afrikanischen Ländern in die
Höhe und die G7-Gruppe glaubt immer noch, dass verspätete
Impfstoffspenden die Situation retten.»

Wie der britische G7-Gastgeber in der Nacht zum Samstag mitteilte,
sieht der Plan gegen künftige Pandemien vor, globale Frühwarnsysteme
zu verstärken. Die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungsmethoden
und Diagnosen solle auf unter 100 Tage gedrückt werden.

«Selbst wenn wir neue Impfstoffe innerhalb von nur Wochen entwickeln
und zulassen könnten, werden vor allem in armen Ländern Milliarden
Menschen Jahre warten, bis sie tatsächlich geimpft werden», sagte
Kalinski. Um wirklich vorbereitet zu sein, sei ein öffentlich
finanziertes und gemanagtes Netzwerk von Impfstoffherstellern nötig -
«frei von den Einschränkungen monopolsichernder Patentregeln».

«Vakzine gehören allen. Alle müssen gleichen Zugang haben», fordert
e
Fiona Uellendahl vom Kinderhilfswerk World Vision. «Man kann nicht
Pharmaunternehmen überlassen, wer Impfstoffe bekommt.» Das Argument,
Entwicklungsländer könnten nicht schnell genug eine Produktion
aufbauen, sei ein «Mythos». Es gebe «viel und sehr gute
Infrastruktur» auch in armen Ländern, um rasch Impfstoffe
herzustellen. «Das ist durchaus möglich - auch in kürzerer Zeit.»

Nach dem Vorschlag von Südafrika, Indien und anderen, die
Patentrechte befristet auszusetzen, hatten sich auch US-Präsident Joe
Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron offen dafür gezeigt.
Kanzlerin Angela Merkel, der britische Premier Boris Johnson und die
EU sind dagegen und argumentieren, dass es die Probleme nicht lösen
könne. Patentschutz sei wichtig für Innovation und Investitionen.