G7 beraten über Gesundheit, Wirtschaft und Außenpolitik

Die G7 wollen bei ihrem ersten Gipfel mit US-Präsident Biden eine
neue Ära starten und gestärkt aus der Krise hervorgehen. Ein starkes
Zeichen für den neuen Zusammenhalt sollen Impfstoff-Hilfen für die
Welt sein. Die UN mahnen: Es werden noch viel mehr Dosen benötigt.

Carbis Bay (dpa) - Die G7-Gruppe westlicher Wirtschaftsmächte setzt
ihren Gipfel im englischen Cornwall am Samstag mit Beratungen über
Wirtschaftsfragen, Gesundheit und Außenpolitik fort. Dabei dürfte das
zentrale Thema die Pandemiebekämpfung sein. Die G7 will den ärmeren
Ländern eine Milliarde Impfdosen spenden, um den Kampf gegen die
Pandemie voranzutreiben. Die USA wollen 500 Millionen Dosen
beitragen, die britischen Gastgeber 100 Millionen, der deutsche
Beitrag war bis Freitagabend noch offen.

Außerdem dürfte es am zweiten von drei Gipfel-Tagen um die Frage
gehen, ob der Patentschutz für Impfstoffe ausgesetzt werden soll, um
deren Produktion in Entwicklungsländern zu fördern. Die US-Regierung
hatte die Diskussion darüber angestoßen. Bundeskanzlerin Angela
Merkel stemmt sich dagegen. Zu den prinzipiellen Befürwortern gehört
neben US-Präsident Joe Biden unter anderem der französische Präsident

Emmanuel Macron.

Trotz Differenzen in diesem Punkt ziehen die USA unter Biden nach
Jahren der Krise wieder mit den anderen führenden westlichen
Demokratien an einem Strang. Biden will die traditionellen
Verbündeten der USA bei seiner ersten Auslandsreise zum
Schulterschluss bewegen, um Autokratien wie in Russland und China
geschlossen entgegenzutreten. Zum Abschluss seiner ersten Europareise
als US-Präsident wird Biden am kommenden Mittwoch in Genf mit
Kremlchef Wladimir Putin zusammentreffen.

Merkel sagte, Biden «repräsentiert das Bekenntnis zum
Multilateralismus, das uns in den letzten Jahren gefehlt hat». Die
«Amerika Zuerst»-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump hatte die

G7 an den Rand der Spaltung gebracht.

Der G7 gehören neben den USA, Großbritannien und Deutschland
Frankreich, Italien, Japan und Kanada an. Als Gastländer sind ab
Samstagnachmittag auch Australien, Südkorea, Südafrika und Indien
dabei. Die indische Delegation nimmt wegen der angespannten
Pandemielage im Land nur virtuell teil. Es ist der erste G7-Gipfel
mit dem neuen US-Präsidenten Biden und der letzte mit Merkel. Am
Sonntag sollen die Beratungen mit einer Abschlusserklärung enden.

Biden soll am Rande des Gipfels zum ersten Mal seit seiner
Amtsübernahme persönlich mit Merkel zusammenkommen. Am Freitag wurde
bekannt, dass Merkel am 15. Juli nach mehr als drei Jahren erstmals
wieder im Weißen Haus in Washington empfangen wird. Wegen dieses
Treffens in Washington wurde erwartet, dass es beim G7-Gipfel nur ein
kurzes persönliches Gespräch mit Biden geben würde.

Der britische G7-Vorsitz teilte in der Nacht zu Samstag mit, die
Gruppe der großen Industrienationen wolle bei ihrem Gipfel eine
«Gesundheitserklärung von Carbis Bay» verabschieden. Vorgesehen sei,

die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungsmethoden und Diagnosen
für künftige Krankheiten auf unter 100 Tage zu drücken.

In einer Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, die Verpflichtung zur
Spende von einer Milliarde Impfdosen bilde die Grundlage für ein
Paket von G7-Maßnahmen zur Beendigung der Pandemie im nächsten Jahr.
Ein Aktionsplan, der bei dem Treffen beschlossen werde, umfasse die
Impfung der weltweit am stärksten gefährdeten Menschen, die
Bereitstellung von Notvorräten und die Unterstützung des weltweiten
wirtschaftlichen Aufschwungs. Bestandteil seien auch Maßnahmen, damit
sich die Staatengemeinschaft auf künftige Pandemien vorbereiten und
diese verhindern, erkennen sowie darauf reagieren könne.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte die Initiative der G7 zu

Impfspenden zwar, mahnte aber deutlich mehr Einsatz an. «Eine
Milliarde ist sehr willkommen. Aber offensichtlich benötigen wir mehr
als das», sagte er am Rande des Gipfels. Es gelte, schnell zu handeln
und so viele Menschen weltweit wie möglich zu schützen, bevor das
Virus immun gegen Impfstoffe werde, sagte Guterres. Nötig sei ein
globaler Impfplan. «Wir sind im Krieg mit dem Virus.»

Die USA erwarteten vom G7-Gipfel auch einen wichtigen Impuls zur
Erholung der von der Pandemie gebeutelten Weltwirtschaft. Biden und
die anderen Staats- und Regierungschef seien sich einig, die globale
Ökonomie solange wie nötig politisch zu unterstützen, teilte das
Weiße Haus mit. Ziel sei «eine starke, ausgewogene und integrative
wirtschaftliche Erholung». Erörtert werden solle zudem, wie eine
gerechtere und nachhaltigere Weltwirtschaft geschaffen werden könne.

Merkel äußerte sich beim Gipfel über die einschneidenden Folgen der
Pandemie für Wirtschaft und Gesellschaft, wie es hieß. Demnach seien
sich die G7 einig, dass jetzt nachhaltige Investitionen wichtig seien
in den Bereichen Klima, Bildung, Forschung, Digitalisierung und für
Wachstum. Der Klimaschutz ist ein weiteres wichtiges Thema bei dem
Gipfel und ein zentrales Anliegen Bidens. Klimaaktivisten berichteten
von Protesten in der Umgebung des Gipfels.

Das Weiße Haus teilte weiter mit, bei dem Gipfel werde eine
Unterstützung für den US-Vorschlag für eine globale Mindeststeuer
erwartet. Große Digitalkonzerne wie Apple oder Google sollen demnach
künftig weltweit mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Die
G7-Finanzminister hatten bei dem Thema in der vergangenen Woche einen
Durchbruch erzielt. In einem nächsten Schritt sollen die G20-Staaten
- eine umfassendere Gruppe führender und aufstrebender
Wirtschaftsnationen - ins Boot geholt werden.