Rückkehr der Kondensstreifen: Reisebranche bietet mehr Flüge an Von Matthias Arnold, dpa

Im zweiten Corona-Sommer haben Urlauber wieder mehr Möglichkeiten,
ins Ausland zu fliegen. Die Nachfrage ist da, das Angebot an Zielen
wächst - und doch steht das Reiseerlebnis ganz im Zeichen der
Pandemie.

Berlin (dpa) - Am blauen Sommerhimmel dürften in den kommenden
Monaten wieder häufiger Kondensstreifen von Urlaubsfliegern zu sehen
sein: Der zweite Corona-Sommer verspricht deutlich mehr
Reisemöglichkeiten innerhalb Europas. Ab Juli sollen von Deutschland
aus wieder 217 Orte in 38 Ländern angeflogen werden, wie der
Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Freitag
mitteilte. Das sind demnach fast so viele Ziele wie vor der Pandemie
im Jahr 2019. Damals standen von Deutschland aus 226 Destinationen
auf dem Flugplan.

«Die Welt ist wieder deutlich erreichbarer als in den letzten 15
Monaten», sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow in
Berlin. Für manche Länder übersteige das Angebot sogar das Niveau von

2019, etwa für Griechenland und die Türkei.

Auch außerhalb Europas wird der Luftverkehr wieder ausgeweitet. Ab
Juli sollen wieder 48 nicht-europäische Länder angeflogen werden,
darunter auch die USA mit 25 Zielen. Touristische Reisen dorthin sind
allerdings noch nicht möglich.

Dass die Reiselust bei den Bürgern zurückkehrt, lasse sich auch an
den Buchungen ablesen, sagte der Hauptgeschäftsführer des
Deutschen Reiseverbands (DRV), Dirk Inger. Vor allem Pauschalreisen
ans Mittelmeer, etwa nach Spanien oder Portugal, seien gefragt. Auch
nach Griechenland sei die Nachfrage groß. «Die Griechen haben sehr
früh gesagt, wann sie wieder öffnen und haben sehr klare Regeln
erlassen», sagte Inger. Die Menschen würden noch vergleichsweise
kurzfristig buchen.

Dabei sollen Pauschalurlauber bald über einen millionenschweren Fonds
besser gegen eine Pleite des Reiseveranstalters abgesichert sein. Der
Bundestag beschloss in der Nacht zum Freitag die Einrichtung eines
Sicherungsfonds, in den die Veranstalter selbst einzahlen müssen.
Hintergrund ist die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im
September 2019. Die Versicherung hatte damals nur einen Bruchteil der
Kosten ersetzt, weshalb schließlich der Staat einsprang.

Der Fonds soll ab November einspringen - und Vorauszahlungen der
Kunden, den Rücktransport gestrandeter Urlauber und deren
Unterbringung bis zum Rücktransport garantieren. Er löst
grundsätzlich die bisherige Absicherung durch Versicherungen oder
Bankbürgschaften ab.

Bei den Buchungen spielen Fernreisen nach Auskunft von
DRV-Geschäftsführer Inger «bisher noch keine Rolle». Viele
außereuropäische Länder könnten noch nicht bereist werden. So gelte
n
in den USA nach wie vor Einreisebeschränkungen für ausländische
Besucher. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sprach sich für
EU-einheitliche Reise-Vereinbarungen mit solchen Ländern aus. «Es
kann da keine Insellösungen geben», sagte er am Freitag. Doch die
Verordnungen ändern sich schnell. «Wenn wir uns die gleiche Karte
noch mal am Sonntag angucken, wird sich einiges geändert haben»,
sagte Inger.

Doch trotz Lockerungen und mehr Flügen ins Ausland steht auch der
diesjährige Reisesommer ganz im Zeichen der Pandemie. Auch wenn die
Buchungszahlen wieder deutlich stiegen, blieben sie weit hinter dem
Niveau der Vorjahre zurück, betonte Inger. Sie lägen bei lediglich
rund einem Drittel des Vorkrisenniveaus. Er schätze, dass sich das
Niveau über den Sommer auf rund 40 Prozent einpendeln werde.

Auch beim Angebot lässt sich die Krise ablesen: Zwar werden viele
Ziele wieder angeboten, doch in deutlich niedrigerer Frequenz als
gewöhnlich. So werde die Zahl der geplanten Abflüge in europäische
Länder laut Daten des BDL in diesem Sommer um 34 Prozent unter denen
von 2019 liegen.

Mit dem Angebot wächst zudem der Aufwand, den die Verbraucher in ihre
Reisevorbereitungen stecken müssen. «Der Reisende sollte vor Antritt
der Reise noch mal genau prüfen, was sich im Zielland geändert hat»,

sagte Inger. «Er sollte möglichst alle notwendigen Dokumente, also
Testnachweise, Impfnachweise griffbereit haben. Er sollte auch etwas
mehr Zeit mitbringen für die Prozesse am Flughafen.» Ein fehlender
Positivtest könne durchaus dazu führen, dass man nicht ins Flugzeug
gelassen werde.

Derweil bereitet sich auch das inländische Gastgewerbe darauf vor,
dass es diesen Sommer wieder besser laufen dürfte. So öffnen etwa in
Berlin an diesem Freitag wieder Hotels und Pensionen für Besucher.
«Also ich glaube, dass wir ab Juli/August jede Menge Gäste in der
Stadt sehen werden», sagte der Chef der Tourismus-Gesellschaft
«Visitberlin» im RBB-Inforadio. «Ob das sofort das Niveau von 2019

hat, ist schwer absehbar. Lassen wir uns mal bescheiden anfangen. Ich
glaube, wenn wir bei 70, 80 Prozent der damaligen Zahlen landen, ist
es ganz gut.»