Luca, Warn-App, Gateway: Digitale Kontaktnachverfolgung in Thüringen

Digitale Kontaktnachverfolgung soll die Zettelwirtschaft in vielen
Gastronomiebetrieben beenden. Viele Bundesländer setzen auf die
Luca-App. Thüringen startete nun eine Schnittstelle, an die sich auch
andere Anbieter andocken können. Doch es gibt auch Kritik.

Erfurt (dpa/th) - In drei Thüringer Landkreisen ist eine
Schnittstelle für die Einbindung von Anwendungen zur digitalen
Kontaktnachverfolgung an den Start gegangen. Alle weiteren Landkreise
sollen bis Anfang Juli folgen, hieß es aus dem Thüringer
Finanzministerium, das auch für Fragen zu E-Government zuständig ist.
Der Freistaat hatte sich dagegen entschieden, nur auf eine App wie zu
Beispiel Luca zu setzen. Stattdessen sollen alle der derzeit 50
Anbieter zur digitalen Kontaktnachverfolgung an das Gateway «Iris»
angebunden werden können.

Thüringen geht bei der Kontaktnachverfolgung bundesweit einen
Sonderweg. Die Mehrzahl der Bundesländer hat sich trotz Kritik beim
Thema Datenschutz dafür entschieden, eine Lizenz für die Luca-App zu
erwerben. Thüringen entschied sich dagegen und setzt stattdessen auf
eine Schnittstelle, mit deren Hilfe auch andere Anwendungen
angebunden werden können.

Für die Lizenzen der Anbieter müssen die Betriebe aber selbst
aufkommen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) bietet
seinen Mitgliedern beispielsweise Rabatte für die Nutzung der
Darfichrein - monatlich werden beim vergünstigten Tarif fünf Euro
Lizenzgebühr fällig.

Die Schnittstelle «Iris» soll dabei den digitalen Kontakt zwischen
den Anbietern und den Gesundheitsämtern organisieren. «Das
«Iris»-Gateway ist eine Art Kommunikationsmittler», sagte Norman
Müller, Referatsleiter in der Abteilung E-Government im
Finanzministerium.

Es wurde am Donnerstag zunächst für die Landkreise Altenburger Land,
Weimarer Land und die Stadt Jena gestartet.

«Die Gesundheitsämter haben den Vorteil, dass sie die Daten so
bekommen, dass sie sie auch weiterverarbeiten können», sagte Müller.

Anders als bei der Corona-Warnapp, die auch eine Eincheck-Funktion
hat, werden bei Anwendungen wie der Luca-App oder der App Darfichrein
persönliche Daten erfasst, die vom jeweiligen Gesundheitsamt
abgerufen werden können, sobald eine Corona-Infektion bekannt wird.

Überall dort, wo nach Corona-Verordnung eine Kontaktnachverfolgung
sichergestellt werden muss, können etwa Gastwirte oder Hoteliers
nicht nur auf die Corona-Warn-App setzen, weil ihre Funktionen nicht
für die Kontaktnachverfolgung im Sinne der Verordnung ausreichen
würden.

Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt kritisierte, Thüringen sei
«bummelletzter» bei der digitalen Kontaktnachverfolgung. «Dabei
hätten wir erster sein können», sagte Voigt verärgert. Gastronomen

und Kultureinrichtungen müssten wissen, worauf sie zurückgreifen
können. «Wir müssen den Gastronomen etwas zur Verfügung stellen, da
s
sie nutzen können», sagte Voigt. Seiner Ansicht nach werde die
digitale Kontaktnachverfolgung so im Herbst, wenn sie vielleicht
wieder dringender gebraucht werde, nicht funktionieren.

Die Thüringer FDP-Fraktion begrüßte, dass eine Kontaktnachverfolgung

umgesetzt werde, «die keine einzelne App bevorzugt», wie
FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich mitteilte. Allerdings kritisierte
er, dass diese technische Lösung zu spät gekommen sei. «Angesichts
der höchsten Inzidenzwerte in Deutschland hätte gerade Thüringen eine

effektive Kontaktnachverfolgung viel eher benötigt», so Kemmerich.