Vorerst keine Entscheidung der Länderchefs über Großveranstaltungen

Wie könnten die Corona-Regeln für Großveranstaltungen in der Zukunft

aussehen? Wer gehofft hatte, dass es nach einem Treffen der
Ministerpräsidenten mehr Klarheit gibt, dürfte enttäuscht sein.

Berlin (dpa) - Der Streit unter den Bundesländern über den Umgang mit
Großveranstaltungen unter Corona-Bedingungen ist vertagt. Die
Ministerpräsidenten einigten sich am Donnerstag nach Informationen
der Deutschen Presse-Agentur darauf, dass sich eine Arbeitsgruppe auf
Ebene der Staatskanzleichefs darüber verständigen soll, wie solche
Veranstaltungen mit länderübergreifendem Charakter einheitlich
geregelt werden könnten. Diese Arbeitsgruppe soll dann auch einen
Beschluss fassen.

Der wohl größte Streitpunkt bei der Ministerpräsidentenkonferenz
(MPK) war damit frühzeitig abgeräumt. Am Mittag (ab 13.15 Uhr)
hatten die Länderchefs per Videoschalte verhandelt, am Nachmittag
(etwa 15.00 Uhr) kam dann auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu.
Die Corona-Pandemie sollte bei dem Treffen diesmal eigentlich nicht
im Zentrum stehen. Auf der Tagesordnung standen vielmehr Themen wie
der Stand der Digitalisierung der Verwaltung und die Energiewende in
Deutschland.

Der Umgang mit Großveranstaltungen hatte unter den Ländern zunächst
für teils massive Verstimmungen gesorgt. Nach dpa-Informationen sahen
zumindest Teile der SPD-regierten Bundesländer Abstimmungsbedarf, mit
Blick auf allgemeine Großveranstaltungen, aber auch mit Blick auf die
anstehende Fußball-Europameisterschaft. Dies lehnten nach
Informationen aus Teilnehmerkreisen aber die unionsregierten Länder
und das Grünen-geführte Baden-Württemberg ebenso ab wie das
Kanzleramt. Eine Einigung war damit von Anfang an extrem
unwahrscheinlich.

Dem Vernehmen nach wünschte sich die SPD-Seite etwa grundlegende
Rahmenbedingungen für Zuschauer bei Großveranstaltungen in
Innenräumen und unter freiem Himmel abhängig von der Inzidenz, der
Impfquote und einer verbindlichen Test- und Maskenpflicht.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Berlins
Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), hatte der Deutschen
Presse-Agentur vor den Gesprächen gesagt: «Neben den allgemeinen
Themen der regulären MPK wird es auch im Interesse aller
Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten um mögliche
Zulassungen von Großveranstaltungen mit Publikum gehen.» Zudem gehe
er davon aus, dass man über die kommenden Impfstofflieferungen und
Impfangebote insbesondere für Kinder und Jugendliche sprechen werde.

Selbst eine bedingte Zulassung von Großveranstaltungen würde für
manche Organisatoren abgesagter Events womöglich aber nicht viel
ändern. Beim größten deutschen Volksfest nach dem Oktoberfest, dem
Cannstatter Wasen in Stuttgart, etwa könnten zwar Schausteller und
Marktkaufleute theoretisch auch kurzfristig reagieren, wie es beim
Schaustellerverband im Südwesten hieß. Festwirte bräuchten aber mehr

Vorlauf. Und im Rathaus hieß es, es bleibe beim Absagebeschluss.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich zurückhaltend

zu der Frage, ob wegen der entspannteren Corona-Lage im Herbst wieder
Volksfeste möglich sein sollten. Er finde es schwer, dies jetzt schon
«so rum oder so rum» entscheiden zu können, sagte er. «Eins haben w
ir
immer gesagt: Das, was als letztes wieder gehen können wird, ist
Party.» Partys, Großveranstaltungen, Feiern, Karneval, Wiesn,
Schützenfest seien «leider genau das, wo dieses Virus sich am
schnellsten ausbreitet».

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach sich dafür
aus, die Corona-Regeln im Herbst komplett zu lockern. «Ich glaube,
wir können das Risiko der kompletten Öffnung im Herbst eingehen»,
sagte er der «Rheinischen Post» (Donnerstag). Die Widerstandskraft
sei durch den Impfstoff in diesem Jahr höher. Er wisse aber auch,
dass sich 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung nicht impfen lassen
werden. «Die müssen das Risiko dann selbst tragen und verantworten.»