Folgenreicher Gesundheitstipp: EuGH entscheidet zugunsten von Zeitung

Luxemburg/Wien (dpa) - Für einen falschen Gesundheitstipp kann eine
Zeitung nicht nach der EU-Produkthaftungsrichtlinie haftbar gemacht
werden. Dies entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag im
Fall eines Ratschlags des «Kräuterpfarrers Benedikt» in der
österreichischen Zeitung «Krone». Die Richter schlossen aber nicht
aus, dass andere Haftungsregeln greifen könnten. (Rechtssache
C-65/20)

Die Zeitung hatte in einer Kolumne den Tipp veröffentlicht, dass
frisch gerissener Meerrettich Rheuma-Schmerzen lindere. «Diese
Auflage kann man durchaus zwei bis fünf Stunden oben lassen, bevor
man sie wiederum entfernt», gab der EuGH den Text der Kolumne wieder.
Die Zeitangabe war laut Gerichtshof falsch: Statt Stunden hätte es
«Minuten» heißen müssen. Eine Zeitungsabonnentin befolgte den Rat u
nd
erlitt eine toxische Reaktion am Fuß. Sie verklagt den Verlag auf
4400 Euro Schadenersatz.

Der österreichische Oberste Gerichtshofs bat den EuGH in dem
Zusammenhang um Auslegung der EU-Produkthaftungsrichtlinie. Diese
begründet aus Sicht der Luxemburger Richter keine Haftung in dem
Fall. Sie vertreten die Ansicht, dass ein Exemplar einer gedruckten
Zeitung mit einem solchen unrichtigen Gesundheitstipp kein
«fehlerhaftes Produkt» im Sinne der Richtlinie sei. Der Gerichtshof
spricht von einer Dienstleistung, für die das Produkt den
«körperlichen Träger» bilde.

Für Dienstleistungen gälten nicht dieselben Haftungsregeln. In diesem
Fall könnten «andere Regelungen der vertraglichen oder
außervertraglichen Haftung anwendbar sein», die auf anderen
Grundlagen beruhten, erklärte das Gericht.