Vielerorts Kneipenbesuch ohne Nachweise ab Freitag möglich

Die Hürden für den Kneipenbesuch sinken vielerorts in NRW. Und das
genau zum Beginn der Fußball-EM. Rudelgucken auf Leinwänden oder in
Biergärten dicht an dicht ist aber weiterhin nicht möglich.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Pünktlich zum Start der Fußball-EM wird in
fast zwei Drittel der Regionen von Nordrhein-Westfalen der
Kneipenbesuch ohne einen Test- oder Impfnachweis wieder möglich sein.
«In NRW werden wir am Freitag den siebten Tag unter der Inzidenz 35
sein, und dann gibt es noch mehr Freiheiten», sagte am Mittwoch
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im «Frühstart» von RTL
und ntv und fügte hinzu: «Wenn die Abstände weiter eingehalten
werden, ist EM gucken in der Kneipe dann auch kein Problem mehr.»

Aus einer Übersicht des Gesundheitsministeriums geht hervor, dass am
Mittwoch 17 der insgesamt 53 kreisfreien Städte und Kreise zur Stufe
1 mit den umfangreichsten Lockerungen gehörten. Am Freitag werden es
demnach dann bereits 31 sein, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz
stabil unter der Marke von 35 liegt. Hinzu kommt, dass ab Freitag
voraussichtlich auch der NRW-Landesdurchschnitt stabil unter 35
liegen wird. Das hat dem Öffnungsplan zur Folge, dass in den Regionen
der Stufe 1 die Innengastronomie ohne vorherige Tests möglich ist.

«Es geht immer weiter in Richtung Normalität. Aber es ist noch lange
nicht die Normalität, die wir von vor der Corona-Zeit kennen», sagte
der Sprecher des Branchenverbandes Dehoga NRW, Thorsten Hellwig, der
dpa. Es bleibe bei den Vorgaben zu Abstandsregeln im Innenbereich und
der Maskenpflicht außerhalb des zugewiesenen Sitz- oder Stehplätze
sowie der Nachverfolgbarkeit durch das Erfassen der Kontaktdaten.

Unterdessen will Laumann die wohl schon ab Herbst anstehenden
Corona-Auffrischungsimpfungen möglichst in die Hände der
niedergelassenen und Betriebsärzte legen. Die Impfzentren könnten in
der Endphase der ersten Impfkampagne eine andere Rolle übernehmen,
sagte der Minister im Gesundheitsausschuss des Landtags. In Gebieten
oder Stadtteilen, wo die Kommunen mit den Impfquoten etwa aufgrund
bestimmter Sozialstrukturen unzufrieden seien, könnten die
Impfzentren mobile Teams ausschicken.

Im weiteren Verlauf der Impfkampagne sei es aber erstrebenswert, dass
die Corona-Impfungen im medizinischen Regelsystem verabreicht würden.
Vielleicht seien die Impfungen über mehrere Jahre notwendig. Die
Finanzierung der Impfzentren in Kreisen und kreisfreien Städten ist
bis Ende September gesichert.

Auch die anstehenden Impfungen von 12- bis 16-jährigen Kindern und
Jugendlichen möchte Laumann nicht von Impfzentren machen lassen.
Diese Aufgabe sollten Haus- und Kinderärzte übernehmen.

Laumann rechnet damit, dass aufgrund der Impfstoff-Knappheit bis zur
dritten Juni-Woche in den Impfzentren nur Zweitimpfungen möglich sein
werden. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass die
Lieferungen nach der Delle bis Mitte Juni dann wieder hochgefahren
werden. Im dritten Quartal (Juli bis September) bekomme Deutschland
insgesamt bis zu 130 Millionen Impfdosen aller Hersteller. Allerdings
sei noch unklar, ob der Impfstoff gleichmäßig über alle Wochen
geliefert werde. «Der begrenzende Faktor beim Impfen ist nach wie vor
der Impfstoff», sagte Laumann.

Erleichtert äußerte sich der Minister über die Entspannung der
Corona-Lage in den Krankenhäusern. Am Mittwoch hätten in den Kliniken
in NRW noch 967 Covid-19-Patienten gelegen, davon 337 auf
Intensivstationen. 263 Patienten seien in Beatmung - Anfang Mai waren
es noch über 800. Die Kliniken seien wieder in der Lage, auch andere
medizinische Eingriffe anzubieten.

Laumann warnte dennoch vor zu früher Euphorie. «Wir haben erst seit
wenigen Tagen diese sehr gute Entwicklung. Die Pandemie ist nicht
vorbei», betonte er bei RTL/ntv. Er nahm auch Bezug auf die
anstehende Entscheidung im Bundestag über die Verlängerung der
Regelungen zur epidemischen Lage. «Ich glaube schon, dass eine
Verlängerung möglich ist. Wir sind von der Herdenimmunität noch sehr

weit entfernt. Aber natürlich werden wir die pandemische Lage
irgendwann für erledigt erklären - spätestens wenn wir allen Menschen

ein Impfangebot gemacht haben», so Laumann. Das Versprechen stehe
weiterhin, dass jeder in Deutschland bis zum Ende des Sommers ein
Impfangebot bekommen werde.

Der Abwärtstrend bei den Corona-Neuinfektionen setzt sich auch in NRW
fort. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch einen Wert
von 23,2 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in den
vergangenen sieben Tagen. Das ist ein deutlich niedrigerer Wert als
vor einer Woche (42,0). Auch gegenüber dem Vortag (26,0) ging die
wichtige Kennziffer weiter zurück.