Kreative Ideen gegen Ladensterben - Mehr Geld für Städte-Wettbewerb

Schon vor der Corona-Krise war es für viele Händler in der Innenstadt
nicht einfach, sich gegen Online-Riesen zu behaupten. Der Lockdown
hat das Problem verschärft. Können kreative Ideen helfen?

Dresden (dpa/sn) - Pop-up-Store, Jugendladen oder Shoppen mit
Live-Musik: Sachsen will Händler dabei unterstützen, mit kreativen
Ideen die Innenstädte nach der Corona-Krise wieder lebendig zu
machen. Dafür wird der Städtewettbewerb «Ab in die Mitte!»
ausgeweitet, wie Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und
Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) am Mittwoch
ankündigten. Rund 500 000 Euro zusätzlich sind dafür vorgesehen -
davon 300 000 Euro in diesem Jahr.

Damit wird das bereits ausgelobte Preisgeld in Höhe von 100 000 Euro
deutlich aufgestockt. Der Handelsverband begrüßte die Finanzspritze,
machte zugleich aber deutlich, dass es sich eher um einen
symbolischen Beitrag handele. Händler hatten während des Lockdowns
wiederholt ein Öffnungskonzept gefordert und vor einem Ladensterben
in den Innenstädten gewarnt.

Bei den Verhandlungen zum neuen Doppelhaushalt wurde für den
Städte-Wettbewerb zusätzlich Geld zur Verfügung gestellt. «Der
Wettbewerb soll genutzt werden, um wieder Leben in die Innenstädte zu
bringen», so Schmidt. Neben Kommunen können sich auch private
Initiativen, Händlerinitiativen und einzelne Gewerbetreibende
beteiligen. Unter dem aktuellen Motto «Lebensraum Stadt: Handel,
Wandel, Vielfalt» können auch mehrere Projekte für verschiedene
Stadtzentren eingereicht werden. Die Gewinner sollen im November
feststehen. Geld- und Sachpreise zwischen 5000 und 30 000 Euro sollen
helfen, ihre Ideen umzusetzen.

Das könne etwa Motto-Shopping sein oder sogenannte Pop-up-Stores, die
leerstehende Ladenflächen für Projekte der Kultur- und
Kreativwirtschaft nutzen, sagte Dulig. Er verwies darauf, dass es den
Wettbewerb schon seit 18 Jahren gebe, mehr als 500 Projekte seien
prämiert worden. Das zeige, dass es die Innenstädte und Händler schon

länger schwer hätten, sich gegen den boomenden Online-Handel
durchzusetzen. «Aber Corona hat uns noch einmal vor besondere
Herausforderungen gestellt», so Dulig.

Die Auswirkungen auf die Stadtzentren sind deutlich: Vielerorts
stehen Läden leer, Geschäfte wurden aufgegeben. Mitte Dezember, kurz
vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft, mussten wegen steigender
Infektionszahlen die meisten Geschäfte in Sachsen schließen. Der
Freistaat ermöglichte als letztes Bundesland erst Mitte Februar den
Bestell- und Abholservice «Click & Collect». Seit Ende Mai gibt es
deutliche Lockerungen für den Handel - bei stabil niedrigen
Corona-Zahlen entfällt nun auch die Testpflicht.

Mit Lockerungen allein ist es nicht getan, betonte der
Geschäftsführer des Handelsverbandes Sachsen, Gunter
Engelmann-Merkel. Es dauere, bis sich die Branche erhole. «Die
Stimmung bei den Unternehmen ist weitab von Euphorie.» Die Umsätze
seien nach wie vor eher gering, staatliche Hilfen hätten die
weiterlaufenden Kosten nur zum Teil aufgefangen. Viele Händler seien
«wirtschaftlich ausgezehrt.» Der Verband, der selbst beim Wettbewerb
«Ab in die Mitte» aktiv ist, begrüßte die Aufstockung des
Preisgeldes. «Es steht jedoch außer Frage, dass dies nur ein kleiner
Baustein politischen Agierens sein kann», sagte Engelmann-Merkel.

Die Industrie und Handelskammer (IHK) Dresden befürchtet, dass sich
die negativen Tendenzen der vergangenen Jahre wie Leerstände oder
Mieterwechsel hin zu Billiganbietern durch die Folgen der Pandemie
verstärken. Gefragt seien individuelle Konzepte in den Städten - etwa
mehr Flächen für flexible Arbeitsplätze. Der Handel müsse zudem die

begonnene Digitalisierung mit Hochdruck fortsetzen. Die Grünen im
Landtag fordern unter anderem verkehrsberuhigte Stadtteile, mehr
Bäume, Freiflächen und Trinkbrunnen in den Innenstädten, um diese
attraktiver etwa für Familien zu machen.

Einen Überblick, wie viele Händler in der Corona-Krise bereits
aufgegeben haben, liegt dem Wirtschaftsministerium nicht vor. Dulig
verwies auf die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht. Mit einer
Insolvenzwelle nach dem Auslaufen dieser Sonderregel rechnet er
nicht. Er hofft, dass der Handel glimpflich aus der Krise kommt. Ende
Juni soll es zur Belebung der Innenstädte einen Runden Tisch geben -
unter anderem mit Vertretern von Handel, Handwerk, Gastronomie,
Tourismus und Kreativwirtschaft. Das Motto: «Wirtschafts- und
Lebensraum Innenstadt».