Kultusminister Piazolo fordert Lockerung der Maskenpflicht an Schulen

Zum Schutz vor Corona müssen Schulkinder auch in der Klasse eine
Maske tragen. Nach dem Ende der dritten Welle muss das aber nun
kritisch hinterfragt werden, findet der Fachminister. Die CSU bremst.

München (dpa/lby) - Wegen der stark sinkenden Corona-Infektionszahlen
fordert Bayerns Kultusminister Michael Piazolo Lockerungen bei der
Maskenpflicht an Schulen. «Die Maskenpflicht ist ein großer Eingriff
in die Freiheit und wir müssen immer wieder kritisch hinterfragen, ob
sie noch verhältnismäßig ist», sagte der Freie-Wähler-Politiker a
m
Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München. Mit
Blick auf die am Donnerstag beginnende Konferenz der Kultusminister
(KMK) forderte er dazu «einen intensiven Austausch» für ein
bundeseinheitliches Vorgehen.

Aus der Sicht von Piazolo sollte es im Schulgebäude selbst weiter die
Maskenpflicht geben, eine Aufhebung sei aber auf dem Schulhof und
auch am Sitzplatz in den Klassen angemessen. «Voraussetzung dafür ist
eine Inzidenz, die deutlich unter 50 liegt. Über den genauen Wert für
einen Korridor müssen wir uns aber natürlich gemeinsam verständigen
»,
betonte Piazolo. Er könne sich gut vorstellen, die Lockerung
unterhalb des Wertes 20 bis 25 zu gestatten. Er unterstütze aber auch
ausdrücklich, dass jeder der wolle weiter eine Masken tragen könne.

Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen haben bereits
beschlossen, die Maskenpflicht für Schüler aussetzen zu wollen. Aus
anderen Bundesländern sind bisher keine Überlegungen bekannt. «Das
Thema steht aber jetzt an und wir müssen uns damit befassen», sagte
Piazolo. Es sei «wichtig und richtig» gewesen, die Maskenpflicht
einzuführen, aber nun habe sich die Lage glücklicherweise geändert.

Sollte sich die KMK bei ihrer Videoschalte nicht auf ein
einheitliches Vorgehen einigen können, hält Piazolo auch ein Vorgehen
nur für Bayern für angebracht: «Das Thema ist jetzt virulent. Ich
werde mich deshalb dafür einsetzen, dass wir zeitnah auch im
Ministerrat darüber austauschen werden.»

Der Koalitionspartner der Freien Wähler, die CSU, hatte bislang nicht
erkennen lassen, die Maskenpflicht an Schulen lockern zu wollen. Auf
Anfrage der dpa betonte Staatskanzleichef Florian Herrmann: «Wir alle
freuen uns über die sinkenden Zahlen, dennoch sollten wir jetzt nicht
gleich wieder in Hektik verfallen. Der Präsenzunterricht hat in
vielen Schulklassen erst vor zwei Tagen wieder begonnen - und in
manchen noch gar nicht. Daher sollten wir sorgfältig beobachten, wie
sich die Maßnahmen auf die Inzidenzwerte auswirken.»

Herrmann weiter: Die laufende Corona-Verordnung sei erst vergangene
Woche vom Kabinett einstimmig für vier Wochen beschlossen worden.
«Dass die Staatsregierung alle Zahlen im Blick hat und auf
Entwicklungen zum Wohle aller Beteiligten reagiert, versteht sich von
selbst.» Eine «zeitnahe» Änderung ist demnach nicht in Sicht.

Piazolo sagte, neben den sinkenden Inzidenzen spreche auch die
kontinuierliche Testung an den Schulen für Lockerungen. Diese würden
die Sicherheit hoch halten und helfen, Ansteckungen zu verhindern.
Seit Anfang September 2020 gibt es in Bayerns Schulen eine
Maskenpflicht, diese galt zunächst nur auf dem Schulgelände und nicht
auf dem Sitzplatz im Klassenzimmer. Wenige Wochen später wurde sie
dann im Verlauf der Pandemie aber auch auf diesen ausgeweitet.

Der Bayerische Realschullehrerverband äußerte sich zustimmend zu
Piazolos Gedankenspielen: «Es war schon immer unsere klare Haltung,
dass die Inzidenzgrenzen entscheidend für den Umgang mit der Pandemie
sind. Bei niedrigen verlässlichen Inzidenzwerten unter 35 muss über
die Lockerung der Maskenpflicht im Unterricht und über die
Verlagerung der Selbsttests für Schüler aus der Schule in den
Verantwortungsbereich der Familien nachgedacht werden», sagte Jürgen
Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands.

Die Grünen im Landtag unterstützten die Position Piazolos
grundsätzlich, mahnten aber auch zu Vorsicht: «Wir müssen hier
schrittweise vorgehen - aber vor allem muss es endlich vorangehen»,
sagt Anna Schwamberger, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion.
Das Wichtigste für die Schüler sei, dass der Präsenzunterricht
mindestens bis zum Ende des Schuljahres für alle aufrecht erhalten
werden könne.

Die FDP im Landtag forderte dagegen gar ein sofortiges Ende der
Maskenpflicht. «Es kann nicht sein, dass man in der Gastronomie innen
wie außen stundenlang ohne Maske sitzen darf, unsere Kinder aber
nicht nur im Klassenzimmer sondern auch auf dem Hortgelände und auf
dem Schulhof Masken tragen müssen», sagte Vize-Fraktionschefin Julika
Sandt. Bei hochsommerlichen Temperaturen von bis zu 30 Grad sei das
Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beim Spielen und Toben eine
«unsinnige Quälerei».